318 Frankreich. (Juni 18./19.)
der Meinung, daß den Angestellten hinsichtlich der Arbeitsdauer der Schutz
gewährt werden müsse, den die Arbeiter genießen. Die Regierung werde
vor dem Senat das Gesetz betreffend die Alterspensionen der Arbeiter ver-
fechten. Es werde eine Vorlage betreffend die Reform des Gesetzes von
1810 über das Bergbauwesen eingebracht werden. Es werde bei günstigen
Verhältnissen eine Gewinnbeteiligung der Arbeiter vorgesehen werden. Die
Regierung werde es sich angelegen sein lassen, die landwirtschaftliche Ent-
wicklung der Kolonien zu beschleunigen, indem eine wachsame Verwaltung,
ein gutes Finanzwesen, strenge und rasche Rechtspflege gesichert werde. —
Die Erklärung erinnert an die Darlegung über die auswärtige Politik,
welche die Regierung bei der Bildung des Kabinetts gegeben habe,
einer Politik, die den Geist der Gerechtigkeit und des Friedens gekräftigt
habe. Die Regierung habe diese Politik treu befolgt. Namentlich in der
Marokkofrage habe sie die Genugtuung gehabt, vor allem die Loyalität
Frankreichs und sein Gefühl der gegenseitigen Rechte und Pflichten der
Nationen anerkannt zu sehen. Die Regierung gedenkt diese Politik fort-
zusetzen, deren Weisheit die für alle ehrenvolle glückliche Lösung der Kon-
ferenz von Algeciras bewiesen habe. Dank der auswärtigen Politik der
Regierung werden wir das Bündnis und die Freundschaftsverhältnisse auf-
recht erhalten und befestigen, die für uns so wertvoll gewesen sind und
deren Ziele sich im Einklang befinden mit den Zielen unserer eigenen
Politik. Dank dieser Politik werden wir in Zukunft die Gefahren von
Streitigkeiten und Konflikten verringern und uns in der günstigen Lage
befinden, Schwierigkeiten in gerechter Weise zu lösen. Wir setzen unser
ganzes Vertrauen auf das Heer und die Marine, deren Tapferkeit und
Stärke Frankreich seine Sicherheit verbürgen und ihm den Rang sichern,
der ihm in der Welt zukommt. Frankreich hofft, daß die Verhältnisse
unter den Nationen sich so gestalten werden, daß es den Nationen möglich
sein werde, die Verminderung der militärischen Lasten ins Auge zu fassen.
— Zur Lösung gewisser sozialer Fragen sei ein internationales Einver-
nehmen erforderlich. Es werde hierbei an die Vereinbarung über das
Verbot der Nachtarbeit für Frauen und das Verbot der Anwendung von
weißem Phosphor erinnert. Die Regierung werde diese internationale Ver-
ständigung nach und nach auf Fragen der Arbeit auszudehnen suchen.
Die Erklärung schließt mit einem Appell an die Einigkeit der Mehrheit.
(Langanhaltender Beifall.)
18./19. Juni. (Kammer.) Debatte über soziale Fragen.
Clôémenceau und Jaures. Vertrauensvotum.
Abg. Basly (Soz.) unterzieht das Verhalten der Bergwerksgesell-
schaften einer scharfen Kritik und fragt die Regierung, ob sie gemäß dem
Beschlusse der Kammer gegen die Gesellschaft vorgehen werde, falls es sich
herausstellen sollte, daß diese für das Unglück von Courrieres verant-
wortlich sei. Abg. Vaillant (Soz.) greift die Regierung wegen der Ver-
wendung von Truppen beim Ausstande im nördlichen Grubenbezirk und
am Maifeiertag in Paris heftig an.
Minister des Innern Clémenceau: Er habe Zusammenstöße zwi-
schen den Truppen und den Ausständigen vermieden; trotz der Ableug-
nung der Sozialisten seien die Soldaten von der Bevölkerung angegriffen
worden. Die Regierung, die sich dem Ausstand im Pas de Calais und
den Machenschaften der Reaktion gegenüber befunden, habe die Pflicht ge-
habt, die Ruhe während der Wahlen zu sichern. Er sei immer der An-
sicht gewesen, daß Truppen erst dann in ein Ausstandsgebiet gesandt werden
dürften, wenn es zu Gewalttätigkeiten gekommen sei. Er erinnere an die