Frankreich. (November 22.—Dezember 5.) 327
22. November. Der Senat genehmigt den schon von der
Kammer angenommenen Handelsvertrag mit der Schweiz.
29. November. (Kammer.) Minister des Auswärtigen
Pichon sagt über die Sendung von Schiffen nach Marokko:
Die französische Politik halte sich fern von allen Eroberungsplänen
und abenteuerlichen Absichten und werde sich bei der Durchführung der
Bestimmungen der Algecirasakte, die in aller Loyalität erfolge, lediglich
von den Rechten und Pflichten Frankreichs leiten lassen. Die zu diesem
Zweck ergriffenen Maßregeln hätten Anlaß zu ungerechtfertigter Kritik ge-
geben; diese Maßregeln seien aber nur solche der Vorsicht. Die Abfahrt
der Kriegsschiffe sei nicht angeordnet und ein Befehl zur Abfahrt sei auch
nicht zurückgenommen, sondern über die Abfahrt der Schiffe sei mit der
spanischen Regierung eine Verständigung getroffen worden und das sei die
Folge der gemeinsamen Aktion aller Mächte. Die Abfahrt der Schiffe
werde morgen erfolgen. Eine Landung in Marokko sei nicht von vorn-
herein beabsichtigt. Die Schiffe würden nur vor Tanger bleiben, wo sie
die anderen Schiffe ersetzen sollen. Ihre Abwesenheit dort bedeutet, so
fährt der Minister fort, daß, wenn das Leben von Europäern bedroht ist,
wir dieselben zu beschützen wissen. Wir wollen nicht das Inkrafttreten der
polizeilichen Maßregeln, die wir zusammen mit Spanien gefordert und
erlangt haben, in Frage stellen. Die aus der Akte von Algeciras sich er-
gebenden Pflichten, Lasten und Vergünstigungen müssen unsere Politik
leiten. Wir beabsichtigen, diesem internationalen Abkommen treu zu bleiben.
Anfang Dezember. Rundschreiben über Ausführung des
Trennungsgesetzes.
Ein Rundschreiben des Kultusministers an die Präfekten trifft Be-
stimmungen über die Kultusausübung in den Fällen, wo Kultusvereini-
gungen nicht gebildet worden sind. Briand gesteht darin den loyalen
Priestern das Recht zu, im Rahmen der Bestimmungen des Gesetzes von
1881 Gottesdienste abzuhalten, und erklärt, daß die Kultusgebäude und
das darin enthaltene Mobiliar ihrer früheren Bestimmung erhalten bleiben
sollen, daß aber der Geistliche lediglich als ihr Inhaber ohne irgend ein
juristisch verfechtbares Besitzrecht anzusehen ist. Er soll keinerlei Verwal-
tungshandlungen vornehmen, noch auf Grund der Benutzung der Kirche
oder der darin enthaltenen Gegenstände, die dem Staate oder den Ge-
meinden gehören, eine Vergütung erhalten können. Dagegen darf er bei
der Ausübung seines Amtes Spenden entgegennehmen. Die Gemeinden
sollen unter gewissen Bedingungen sofort in den Besitz der Pfarrhäuser der
Erzbistümer und Bistümer und der großen Seminare, und bedingungslos
in den Besitz der kleinen Seminare treten.
Ein Erlaß des Finanzministers Caillaux regelt die Uebertragung
des Kirchenvermögens an die Kultvereine oder an die Segquesterbeamten.
1. Dezember. Die Kammer beschließt mit 290 gegen
218 Stimmen die Erhöhung der parlamentarischen Diäten von
9000 auf 15000 Francs. (Annahme im Senat am 20. Dezember
mit 160 gegen 109 Stimmen.)
5. Dezember. Frankreich und Spanien überreichen den Mäch-
ten folgende Note über ihr Vorgehen gegen Marokko:
„Die neuerlichen Vorkommnisse im Bezirk von Tanger und die