Stalien. (Juni 28. 29.) 341
netzes, durch eine wirksame Organisierung des Eisenbahnnetzes, durch eine
günstige Gestaltung des Schiffsverkehrs und durch Verbesserung des Volks-
unterrichts sowie des höheren technischen Unterrichts. Ferner müßten die
Arbeitsbedingungen verbessert und der Lebensunterhalt weniger kostspielig
gemacht werden. Die Regierung werde sich bemühen, den bereits bestehen-
den Gesetzen Respekt zu verschaffen und werde entschlossen ihre Reform-
tätigkeit verfolgen. Drei Bedingungen seien für den raschen Fortschritt
auf dem Reformwege unumgänglich nötig: Friede nach außen hin, Ord-
nung im Innern und festgefügte Finanzen. Der Friede ist uns glücklicher-
weise durch Bündnisse gesichert, denen wir entschlossen treu bleiben werden,
sowie durch herzliche Freundschaft, die uns mit allen Mächten verbindet,
insbesondere mit denjenigen, mit denen unsere Beziehungen häufiger und
traditioneller sind. Im Innern werden wir die Ordnung mit strenger
Achtung vor dem Gesetz und allen Volksfreiheiten mit großer Unpartei-
lichkeit im Kampfe zwischen Kapital und Arbeit aufrecht erhalten. Die
Finanzlage ist vortrefflich, aber es ist die größte Sorgfalt nötig, um das
Budget festgefügt zu erhalten. Die große liberale Partei wird sich um
das von mir dargelegte Programm sammeln können, das von freiheitlichem
Geiste und von der aufrichtigsten Liebe zu den arbeitenden Klassen erfüllt
ist. Ich bitte die Kammer, klar auszusprechen, ob das Kabinett auf das
erforderliche Vertrauen des Parlaments zählen kann.
Die Kammer spricht mit 262 gegen 98 Stimmen ihr Vertrauen aus.
W. Juni. Die Kammer genehmigt mit 218 gegen 35 Stim-
men den Gesetzentwurf zugunsten der Südprovinzen.
29. Juni. Konversion der fünfprozentigen Rente.
In der Kammer erklärt Ministerpräsident Giolitti bei Einbringung
der Konversionsvorlage, es sei alles vorbereitet zur Durchführung dieses
bedeutenden Unternehmens; dann fügt er hinzu, zur sicheren Verhinderung
von Börsenspekulationen und von Versuchen, den Staatskredit zu schädigen,
sei es notwendig, daß die Kammer noch am heutigen Tage über den Ent-
wurf entscheide. Auch der Senat sei heute einberufen, um ebenfalls sofort
über das Gesetz abstimmen zu können. (Beifall.) — Auf weiteren Antrag
Giolittis ernennt der Präsident einen Ausschuß, der den Entwurf prüfen
und der Kammer darüber berichten soll. Im weiteren Verlaufe der Sitzung
erstattet Luzzatti namens dieser Kommission den Bericht und empfiehlt
die Annahme der Vorlage. Er erklärt, diese stelle ein bewundernswertes
Beispiel der Kontinuität der Regierung und der Eintracht der Parteien,
wo die großen Interessen des Vaterlandes in Frage kommen, dar. Danach
nimmt das Haus in geheimer Abstimmung mit 264 gegen 11 Stimmen
die Vorlage im ganzen an. — Der Senat genehmigt sie mit 74 gegen
3 Stimmen.
Der erste Artikel des Gesetzes lautet: Der Schatzminister wird er-
mächtigt, die Titres der konsolidierten zu fünf Prozent brutto verzins-
lichen Rente und der konsolidierten zu vier Prozent netto verzinslichen
Rente, die im großen Buch der öffentlichen Schuld eingetragen sind, ein-
zulösen und dabei den Inhabern die Einlösung zu je 100 Lire anzubieten
oder die Zahlung des ganzen Koupons von zwei Lire für das zweite Semester
1906, sowie des am 1. Januar 1907 fälligen Koupons bei Eintausch der
gegenwärtigen fünfprozentigen Brutto= und der der vierprozentigen Netto-
Rente gegen Stücke der neuen Art, deren Zinsen in jedem Semester zahl-
bar sind. Diese neuen Titres haben Koupons, deren Fälligkeit mit dem
1. Juli 1907 eintritt und die bis zum 1. Januar 1912 laufen bei einem