344 IStalien. (Dezember 7.—18.)
7. Dezember. (Kammer.) Minister der öffentlichen Arbeiten
Gianturco schildert die Eisenbahnen, die durch den zwanzigjährigen
Privatbetrieb gelitten hätten. Für Wagenbeschaffung und andere
Bedürfnisse müßten in vier Jahren 900 Millionen aufgewendet
werden.
Mitte Dezember. In Rom und anderen Städten gibt es
antiklerikale Demonstrationen aus Anlaß des französischen Kon-
fliktes mit der Kurie. — Am 28. demonstrieren 27 katholische
Vereine in Rom dagegen.
15.18. Dezember. (Kammer.) Tittoni über die auswär-
tigen Beziehungen.
Abg. Artom billigt die Dreibundspolitik und wünscht namentlich
Pflege der Beziehungen zu Oesterreich-Ungarn. Abg. Santini bedauert,
daß Tripolis für Italien wertlos geworden sei, da England und Frank-
reich sich das Hinterland geteilt hätten. Abg. Bissolati: Der Dreibund
sei ein unnützes Band für Italien und setze es der Gefahr eines Konfliktes
mit England aus.
Am 18. erklärt Minister des Auswärtigen Titton i: Ich kann mich
voll und herzlich der ebenso warmen wie wirksamen Verteidigung an-
schließen, die Fürst Bülow und Frhr. v. Aehrenthal dem Dreibund zuteil
werden ließen. Der Dreibund wird nach wie vor die Basis unserer Politik
sein; ihm wollen wir treu bleiben. Diejenigen täuschen sich, die von Zeit
zu Zeit auf den bloßen Anschein hin die Schwächung des Dreibundes fest-
stellen zu können behaupten und sein nahes Ende voraussagen. Der Drei-
bund ist stets friedlich gewesen und verhindert in keiner Weise die freund-
schaftlichsten Beziehungen zwischen den Mächten, die den Dreibund bilden,
und jenen, die außerhalb des Bundes stehen. Er verdient das größte
Lob, weil er Europa lange Jahre des Friedens verschafft hat. Er be-
wahrte Italien vor Vereinsamung und ermöglichte ihm eine unabhängige
Politik. Italien nimmt im Dreibund keineswegs eine niedrigere Stellung
ein als die beiden anderen Mächte. Was das Verhältnis zwischen Italien
und Deutschland anbelangt, so dementiert Tittoni entschieden die Gerüchte,
daß Deutschland bei den Verhandlungen Italiens mit den anderen Mächten
wegen Tripolis und Abessiniens irgendwie interveniert hätte. Durch die
Frage der Funkentelegraphie seien in keiner Weise Schwierigkeiten zwischen
Italien und Deutschland geschaffen worden. Diese Frage, die eine tech-
nische, aber keine politische sei, sei in freundschaftlichstem Geiste behandelt
worden. Zwischen ihm und dem Botschafter Grafen Monts beständen die
freundschaftlichsten Beziehungen. Was die Angelegenheit der Konferenz
von Algeciras betreffe, so habe Fürst Bülow die Korrektheit Italiens und
seines Vertreters auf der Konferenz anerkannt. Als er, Tittoni, im Juni
1906 die Leitung der auswärtigen Angelegenheiten wieder übernommen
habe, habe er mit dem Fürsten Bülow Erklärungen ausgetauscht über ein
fortgesetztes vollständiges Einvernehmen über alle internationalen Fragen.
Freundliche Beziehungen mit England zu unterhalten, sei für Italien nötig.
Was die von Rednern angedeutete Möglichkeit eines englisch-deutschen Kon-
fliktes anlange, so glaube in Oesterreich, das ebenfalls herzliche Beziehungen
mit England unterhalte, niemand ernstlich daran. Außerdem seien Italien
und Oesterreich-Ungarn bei den höchsten Interessen, die sie daran hätten,
daß solch ein Konflikt nicht eintreten werde, in erster Linie dazu berufen,