Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Februar 11.—13.) 33
11./12. Februar. (Essen.) Ein Delegiertentag preußischer
Bergarbeiter, auf dem sämtliche Verbände vertreten sind, berät den
Knappschaftsgesetzentwurf und spricht sich für ein Reichsberggesetz
aus. Außerdem verlangt er eine allgemeine Lohnerhöhung mit
Rücksicht auf die gestiegenen Kohlenpreise.
12. Februar. (Berlin.) Die Generalversammlung des Bun-
des der Landwirte spricht dem Reichskanzler und dem preußischen
Landwirtschaftsminister den Dank für ihre Haltung in der Fleisch-
teuerungsfrage aus. — Der Bund zählt 272000 Mitglieder, da-
von 45 Prozent Ostelbier.
12. Februar. (Baden.) In der Zweiten Kammer erklärt
Finanzminister Becker über die Tabaksteuer:
Die Regierung habe anerkennen müssen, daß der Tabak ein steuer-
fähiges Objekt sei, das noch eine weitere Belastung ertragen könne, da
diese in Deutschland gegenüber anderen Staaten nur gering sei. Die Tabak-
steuer sei eine Konsumsteuer, die endgültig vom Raucher getragen würde.
Vom Standpunkte der Arbeiter könne man gegen die Steuer nichts ein-
wenden, ebensowenig vom Standpunkte der Fabrikanten. Auch aus natio-
naler Erwägung sei es der Regierung nicht möglich gewesen, gegen die
Steuer anzukämpfen. Sie habe die Vorlage nach bestem Willen zu ver-
bessern gesucht. Die Tatsache sei richtig, daß das Verhältnis zwischen den
inländischen Steuern und den Zöllen nicht richtig bemessen sei. Er habe
sich bemüht, die Frage neu zu regeln, doch sei er damit nicht durch-
gedrungen. Seit der Einführung der neuen Steuer 1879 sei ein Rückgang
in der Tabakindustrie nicht festzustellen, vielmehr habe der Verbrauch sowie
die Zahl der Fabriken und Arbeiter seit der Einführung von 1879 stetig
zugenommen. Die jetzige gegen die von 1879 unbedeutende Steuererhöhung
werde unmöglich die befürchtete ungeheuere Verwirrung anrichten.
12. Februar. (Bayerische Abgeordnetenkammer.) Dis-
kussion über die Brausteuer.
Das Haus genehmigt einstimmig einen Antrag Speck (Z.), die
Uebergangsabgabe für bayerisches Bier in das norddeutsche Brausteuer-
gemeinschaftsgebiet gerechter als bisher zu regeln. Alle Parteien stimmen
darin überein, daß Bayern seit Jahren durch die jetzige unzulässig hohe
Uebergangsabgabe nach Norddeutschland um viele Millionen geschädigt
worden sei, und fordern den Finanzminister zum Eingreifen im Bundes-
rat auf. Der Minister bezeichnet ebenfalls diese Steuer als zu hoch und
sichert Abhilfe durch Antragstellung im Bundesrate zu.
13. Februar (Reichstag.) Debatte in der Budgetkommission
über die Kolonialschulen und den Islam.
Die Kommission bewilligt statt der bisherigen 58200 M 106200 M
für Schulen in Ostafrika, um die Regierungsschulen zu vergrößern. —
In Dar es Salam bestehen eine evangelische und eine katholische Missions-
schule. Entgegen den Missionsschulen mit ihrem christlichen Unterrichte
und ihrer christlichen Erziehung wird die Regierungsschule auch von den
Mohammedanern besucht. Wegen dieser Förderung des Islam polemisiert
das Zentrum scharf gegen die Forderung. Abg. Spahn (Z.) betont scharf
Europäischer Geschichtskalender. XLVII. 3