34 Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Februar 13. Mitte.)
die prinzipielle Seite der Frage. Das religiöse Prinzip des Islams werde
von Staats wegen finanziell unterstützt, das christliche Prinzip dagegen
werde nicht unterstützt. Welche Begriffsverwirrung müsse das bei den
Eingeborenen hervorrufen? Das Reich ziehe seinen ärgsten Feind, den
Islam, heran. Was müßte der Schwarze dazu sagen, daß das Reich den
Islam schütze? Der Mohammedanismus sei nicht eine gesteigerte Kultur-
stufe, die wir unterstützen müßten. Abg. Frhr. v. Hertling (Z.): Es sei
unwidersprochen geblieben, daß die Eingeborenen das Reich als den Pro-
tektor des Islams ansehen, und zwar auf Grund seiner Schulpolitik. Der
Schulzwang in der strengsten Art werde die Folge sein, das habe die Ein-
geborenen bisher schon erbittert, für die Weißen werde die Sache zum
Gewissenszwang führen.
13. Februar. (Reichstagswahl.) Bei der Ersatzwahl in
Chemnitz wird gewählt Noske (Soz.) mit 31629 Stimmen gegen
Hermsdorf (kons.) mit 10397, Günther (frs. Vp.) mit 9056 Stimmen.
Die Stimmenzahl der Sozialdemokratie ist gegen 1903 gesunken.
Mitte Februar. (Koloniales.) Die Kolonialabteilung ver-
öffentlicht folgende Abmachung über die Tätigkeit der Missions-
gesellschaften in Südwestafrika:
Windhoek, 15. Dezember 1905. Auf Grund der Besprechung vom
13. d. M., an der unter dem Vorsitze des Kaiserlichen Gouverneurs teil-
genommen haben als weitere Vertreter der Regierung: Oberstleutnant
v. Mühlenfels, Regierungsrat Tecklenburg; als Vertreter der Rheinischen
Missionsgesellschaft: Präses Eich, die Missionare Wandres und Meier; als
Vertreter der katholischen Mission der Oblaten: Superior P. Hermandung,
P. Dr. Schemmer, P. Krist, ist mit allseitiger Zustimmung folgendes ver-
einbart worden: l. Den Missionen beider Konfessionen steht das Recht zu,
unter gleichen Bedingungen im ganzen Schutzgebiete unter den Eingebo-
renen Missionstätigkeit auszuüben. II. Beiden Missionen ist gestattet, in
den Konzentrationslagern an der Bahnlinie Windhoek—Swakopmund und
nördlich und östlich davon den kriegsgefangenen Eingeborenen unter fol-
genden Bedingungen Kirche zu halten und Taufunterricht zu erteilen:
1. Kirche findet nur Sonntags statt und zwar, wenn vom Etappenkom-
mandeur aus dienstlichen Gründen nicht eine andere Tageszeit bestimmt
wird, nachmittags; 2. an Orten, wo zurzeit beide Missionen tätig sind,
wechseln sie sich im Halten des Gottesdienstes einen um den anderen Sonn-
tag ab, und zwar fängt die katholische Mission mit dem auf das Bekannt-
werden dieser Verfügung folgenden Sonntag an; 3. an Orten, die durch
beide Missionen nur besuchsweise von einem Hauptorte aus missioniert
werden, steht der sonntägliche Gottesdienst der Mission zu, die am Haupt-
orte an diesem Sonntag zur Ausübung des Gottesdienstes nicht berechtigt
ist; 4. Taufunterricht darf jede Mission einmal wöchentlich an einem mit
dem Etappenkommando zu vereinbarenden Wochentage während der Mit-
tagspause halten. An den unter Nr. 3 bezeichneten Orten findet der Tauf-
unterricht nur im Anschlusse an den sonntäglichen Gottesdienst der be-
treffenden Mission statt. Taufen selbst dürfen in den Gefangenenkraalen
außer in articulo mortis nicht vorgenommen werden; 5. die Dauer des
Gottesdienstes wie des Taufunterrichtes darf eine Stunde nicht übersteigen;
6. die zu den Konzentrationslagern gehörenden Lazarette sind den Mit-
gliedern beider Missionsgesellschaften gleichmäßig zugänglich, um den Kranken
geistlichen Trost zu spenden; 7. diese Abmachung zu lI. soll vorläufig bis