416 Nerd-Anerika. (November 6. Dezember 4.)
6. November. Bei den Wahlen von Gouverneuren und an-
deren Beamten in mehreren Staaten sowie für die Repräsentanten-
kammer in allen Staaten erringen die Demokraten einige Erfolge.
Die Mehrheit der Republikaner im Repräsentantenhause sinkt auf
60 bis 70.
4. Dezember. (Waschington.) Präsident Roosevelt richtet
eine Botschaft an den Kongreß.
Als Nation erfreuen wir uns nach wie vor eines buchstäblich noch
nicht dagewesenen Gedeihens; und es ist wahrscheinlich, daß nur rücksichts-
lose Spekulation und Mißachtung rechtmäßiger Geschäftsmethoden diesem
Gedeihen wesentlichen Abbruch tun können. — Die Verabschiedung einiger
in der letzten Tagung unerledigt gebliebener Vorlagen sei nötig, dahin
gehöre der bereits von einem Hause des Kongresses angenommene Ent-
wurf, welcher geschäftlichen Korporationen verbietet, zu den Wahlfeldzugs-
ausgaben irgend einer Partei beizutragen, sowie der Gesetzentwurf, der der
Bundesregierung das Recht gibt, in Strafprozessen Berufung wegen strei-
tiger Gesetzesauslegung einzulegen. Diese Befugnis sei um so notwendiger,
als die Regierung jetzt in entschiedener Weise gegen Verletzungen des Trust-
gesetzes und des Gesetzes über den binnenstaatlichen Handel strafrechtlich
vorgehe. — Scharf zu tadeln seien die noch immer häufigen Fälle von
Lynchjustiz;z ein Mittel zu ihrer Ausrottung wäre, Notzuchtsverbrechen,
die schlimmer seien als Mord, mit dem Tode zu bestrafen, wichtiger noch
sei Verbesserung des Schulunterrichts der Neger. — Zu verurteilen sei das
verderbliche Wirken der Agitatoren, die den Klassenhaß predigen; der
Triumph des Mobs sei ein ebenso großes Uebel als der Triumph der
Plutokratie sein würde. Das Ziel der Gesetzgebung im allgemeinen müsse,
soweit angängig, die allgemeine Einführung des Achtstundentages sein.
Nötig sei eine eingehende Untersuchung über die Verhältnisse der Frauen-
und Kinderarbeit, eine wesentliche Erweiterung des Arbeitgeberhaftpflicht-
gesetzes, gesetzliche Zurückhaltung aller noch nicht besiedelten kohlenhaltigen
Ländereien als Staatseigentum, nicht zum Zwecke des Staatsbetriebs, son-
dern zur Ausbentung durch die Privatindustrie nach einem Regalsystem
unter Kontrolle des Bundes über die Förderung und die Frachtsätze zur
Verhinderung einer Ueberteuerung des Verbrauches. — Nicht die Kapitals-
konzentration als solche, sondern nur die daraus für das Volksganze ent-
springenden Schäden seien zu bekämpfen. Das sei kein Schritt zum
Sozialismus; durch bessernde Maßnahmen der erwähnten Art werde ge-
rade sozialistischen Bestrebungen, wie der durchaus nicht wünschenswerten
Maßregel der Eisenbahnverstaatlichung, der Boden entzogen. Auf der an-
deren Seite sollen auch Vereinigungen von Eisenbahn= und anderen Gesell-
schaften zu Zwecken, die im öffentlichen Interesse liegen, begünstigt werden.
— Zu empfehlen sei bei der demnächstigen Revision des Bundessteuer-
systems die Einführung einer vor allem die Riesenvermögen treffenden
progressiven Erbschaftssteuer und einer progressiven Einkommensteuer als
Bundeseinnahmen, Förderung des technischen und landwirtschaftlichen Unter-
richtswesens, Schaffung eines einheitlichen Bundesrechts über Ehe und Ehe-
scheidung, schleunige Verabschiedung der Vorlage zur Förderung der Handes-
schiffahrt, zum mindesten Schaffung von Schnelldampferlinien nach Süd-
amerika. Er wendet sich dann der Währungsreform zu, ohne einen
bestimmten Vorschlag zu machen. Eine Aenderung des gegenwärtigen
mangelhaften Systems der Umlaufsmittel sei aber unerläßlich. — Wün-