436 Nebersicht über die polilise Eniwichelung des Jahres 1906.
gebeugt zu haben. Die deutschen Vertreter stimmten zu, die fran-
zösischen und spanischen wiesen den Vorschlag ab, da sie Casablanca
nicht einer fremden Polizei anvertrauen wollten. Auch diesem
Wunsche trug Graf Welsersheimb Rechnungz er setzte für Casablanca
dieselben Normen wie für die übrigen Häfen fest und fixierte die
Residenz des Generalinspekteurs, den die Schweiz bestimmen sollte,
in Tanger; seine sonstigen Funktionen und die des diplomatischen
Korps blieben unverändert. Hiermit erklärte sich Frankreich end-
lich einverstanden, so daß ein Kompromiß gefunden war: Frank-
reich und Spanien erhielten die Hafenkontrolle, Deutschland hatte
die Garantie, daß sie sie nicht zur Schädigung fremder Unter-
nehmungen verwenden konnten (Ende März).
In der Bankfrage kam man in denselben Tagen ebenfalls
mit Hilfe der vermittelnden Tätigkeit Osterreich-Ungarns zum Ver-
gleich. Hiernach führen vier Zensoren, ernannt je einer von der
deutschen Reichsbank, der Bank von Spanien, der Bank von Eng-
land und der Bank von Frankreich, die Oberaufsicht über die
Bankgeschäfte, von den fünfzehn Bankanteilen erhält Frankreich
drei, die übrigen Mächte je einen. Klagen gegen die Bank werden
vor einem vom diplomatischen Korps ernannten Gerichtshof in
erster Instanz, in zweiter und letzter vom Schweizer Bundesgericht
in Laufanne entschieden. — Die anderen Bestimmungen machten
weniger Schwierigkeiten; sie enthielten Einzelheiten über Verhinde-
rung des Schmuggels, namentlich des Waffenschmuggels, Verbesse-
rung der Steuer= und Zollverwaltung u. dgl. Am 7. April wurde
diese „Akte“ unterzeichnet; im Laufe des Jahres sollte sie von den
einzelnen Regierungen ratifiziert und die Ratifikation der spanischen
Regierung, der Verwahrerin der Originalurkunde, mitgeteilt werden.
Spanien sollte hierauf die Schweizer Regierung zur Ernennung
des Generalinspekteurs und zur Ausführung der ihr übertragenen
gerichtlichen Obliegenheiten auffordern. In der Tat sind diese
Bestimmungen am Schluß des Jahres ausgeführt worden (S. 289).
Mit dem Schluß der Marokkokonferenz war zwar die Be-
sorgnis vor einer Gefährdung des Weltfriedens beseitigt, aber die
durch die lange Erörterung hervorgerufene Spannung der Gemüter
hielt noch lange an. Das zeigte sich namentlich in den öffentlichen