38 Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Februar 17. 18.)
gerichtet sind, als landesverräterisch zurückzuweisen. Hingegen stellen wir
auch an die Staatsregierung die Forderung, die Religion, die Mutter-
sprache, die volkstümlichen Sitten und Gebräuche ihrer polnischen Unter-
tanen nicht anzutasten und namentlich auch ihnen gegenüber nach jeder
Richtung hin Gerechtigkeit walten zu lassen. Wir sind bereit, in den so-
genannten Ostmarken das Deutschtum, wo und insoweit es gefährdet ist,
ohne Verletzung jener Grundsätze zu erhalten und zu stützen; gleicherweise
sind wir aber auch verpflichtet, alle mit diesen Grundsätzen, insbesondere
mit dem Prinzip der Gerechtigkeit und der Gleichheit aller Preußen vor
dem Gesetze in Widerspruch stehenden Maßnahmen zu bekämpfen, zumal
da wir überzeugt sind und die Erfahrung es gezeigt hat, daß solche Maß-
nahmen, ohne ihren Zweck zu erreichen, nur eine weitere Verschärfung der
Gegensätze zum Nachteil des Staates herbeiführen.“ Wir sind der An-
sicht, daß die Zentrumspartei auch in Zukunft unabänderlich an diesen
Grundsätzen festhalten muß. Wir würden es daher für verfehlt und ge-
radezu für verhängnisvoll halten, solche politische Bestrebungen zu unter-
stützen, die in Widerspruch mit diesen Grundsätzen stehen, seien es die
Bestrebungen der sogenannten großpolnischen Partei, oder unserer unter
verschiedenen Namen in Oberschlesien vereinigten deutschen Gegner. II. Wir
erachten es für eine unbedingte Ehrenpflicht der Zentrumspartei, in ganz
Oberschlesien ihren alten, einst in heißen Kämpfen erstrittenen Besitzstand
nach beiden Seiten hin mit allen Kräften zu verteidigen. Das Zentrum
hat alle berechtigten Interessen der polnischen Bevölkerung Oberschlesiens
stets auf das entschiedenste vertreten, ohne dabei die Interessen des Vater-
landes und des Deutschtums hintanzusetzen. Wir würden es daher auch
für einen großen politischen Fehler halten, in Oberschlesien die Zentrums-
partei sprachlich getrennt zu organisieren. Die Zentrumspartei muß nach
wie vor unverändert unter ihrer alten Fahne kämpfen. III. Mit Rück-
sicht darauf, daß die Frage öffentlich erörtert worden ist, ob es nicht an
der Zeit sei, daß sich der oberschlesische Klerus von der politischen Tätig-
keit zurückziehe, erklären wir, daß wir es auf das tiefste beklagen würden,
wenn der oberschlesische Klerus sich in Zukunft der Ausübung seiner staats-
bürgerlichen Rechte und der Erfüllung seiner staatsbürgerlichen Pflichten
enthalten wollte und somit unsere Partei seine bisherige tatkräftige Mit-
arbeit entbehren müßte. IV. Diese Beschlüsse sollen mit Rücksicht auf die
vielfachen Preßartikel über die oberschlesische Frage und deren Lösung so-
wie mit Rücksicht auf die für den 10. April 1906 in Aussicht genommene
Vertrauensmännerversammlung der schlesischen Zentrumspartei alsbald der
schlesischen Zentrumspresse zur Veröffentlichung übergeben werden. Berlin,
den 16. Februar 1906. Graf Ballestrem-Plawniowitz. Graf Ballestrem-
Costau. Bolik. Faltin. Frank. Galda. Geisler. Glowatzki. Dr. Hager.
Hartmann. Dr. Heisig. Hoheisel. Horn. Hubrich. Klose. Metzner.
Nadbyl. Dr. Porsch. Graf Hans Praschma. Stanke. Graf Strachwitz-
Bertelsdorf. Graf Strachwitz-Raudnitz. Strzoda. Stull. Ziesche.
17. Februar. (Mecklenburg-Strelitz.) Der Landtag des
Fürstentums Natzeburg in Schönberg ist zum erstenmale seit
35 Jahren beschlußfähig, da die bürgerlichen und bäuerlichen Ver-
treter die Obstruktion einstellen.
18. Februgar. (München.) Frhr. v. Asch, bis 1905 baye-
rischer Kriegsminister, f. Geboren 1839, 1870 Adjutant im baye-
rischen Generalkommando, 1893 Kriegsminister.