40 Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Februar 20.—22.)
stehen kommen könnte. . . Möge das deutsche Volk darüber wachen, daß
seine Regierung nicht eine zu große Portion von Chauvinismus an den
Tag lege und daß sie nicht bei ihrem Tanz auf gefährlichem Vulkan die
Nation in den glühenden Krater des Krieges hineinzerre.
Die „Münchener Post" schreibt: Man sieht .., es wird noch manche
Note gewechselt werden müssen, ehe die Sache ins reine kommt. Man
sieht aber auch, daß in der gegenwärtigen Situation nur Aberwitz oder
Ruchlosigkeit an eine Austragung des Streites mit den Waffen denken
könnte .. Es kennzeichnet die Stärke Frankreichs auf der Konferenz, daß
es dort mit dem Anspruche, die marokkanische Polizei mit Hilfe Spaniens
organisieren zu dürfen, hervorgetreten ist. Die deutsche Diplomatie hat
es gar nicht gewagt, zu verlangen, daß die Polizei etwa Deutschland über-
tragen würde.
20. Februar. Der Reichstag beendet nach dreizehntägiger
Verhandlung die Beratung des Etats des Reichsamts des Innern.
21. Februar. (Preußisches Abgeordnetenhaus.) Schiff-
fahrtsabgaben. (Vgl. S. 17.)
Abg. v. Pappenheim (kons.) plädiert für Erhebung von Schiffahrts-
abgaben; die Proteste der süddeutschen Staaten gegen die Erhebung von
Abgaben auf dem Rhein seien ungerecht, denn Preußen habe den Rhein
erst leistungsfähig gemacht. Die Abgaben seien keine Zölle, sie sollten nur
das Meliorationskapital verzinsen. Minister der öffentlichen Arbeiten
v. Budde: Ich erkläre, daß die Staatsregierung die von ihr übernommene
Verpflichtung auf Einführung der Schiffahrtsabgaben in loyaler Weise er-
füllen wird. Ich habe mich in Gemeinschaft mit dem Finanzminister mit
den Ministern der Einzelstaaten in Verbindung gesetzt zunächst bezüglich
des Rheines. Weitere Verhandlungen bezüglich der Weser werden noch
stattfinden. Wir haben diesen Weg beschritten, um unsere benachbarten
Bundesstaaten nicht zu schädigen. Von irgendeinem Gewaltakt, von Ver-
letzung des Rechtes durch Preußen kann keine Rede sein. Ich erkläre das
ausdrücklich, weil so oft in der Presse zu lesen war, daß wir das Recht
vergewaltigen wollten. Durch die Unterhandlungen mit den Bundesstaaten
ist eine Annäherung erfolgt, die darauf schließen läßt, daß eine Verständi-
gung schließlich stattfinden wird. Natürlich sollen die Schiffahrtsabgaben
weder den Verkehr finanziell unmöglich machen, noch sollen sie den Ver-
kehr durch Schikanen erschweren. Ich habe mich daher auch mit den Inter-
essenten in Verbindung gesetzt, und meine Ausführungen sind dabei auf
viel Verständnis gestoßen; besonders sind sie überzeugt, daß eine Besserung
unserer Schiffahrtsverhältnisse nicht eher eintreten kann, ehe nicht die
Schiffahrtsabgaben eingeführt sind, die zur Verbesserung der Schiffahrts-
straßen dienen sollen. Denn die Schiffahrtsabgaben sollen finanziell und
verkehrstechnisch im Interesse der Schiffahrt verwendet werden. Die König-
liche Staatsregierung hat den festen Willen, die im Gesetz vorgeschriebenen
Schiffahrtsabgaben durchzuführen, und wo ein Wille ist, wird auch ein Weg
sein. (Beifall.)
22. Februar. (Reichstag.) Erste und zweite Beratung des
Handelsprovisoriums mit den Vereinigten Staaten. Rede Bülows.
Annahme.
Reichskanzler Fürst Bülow: Nach dem Abschluß der dem Reichs-
tage vor einem Jahre vorgelegten Handelsverträge mit den europäischen
Staaten trat an die verbündeten Regierungen die Aufgabe heran, auch das