54 as Denishe Reith und seine einzelnen Glieder. (März 8./13.)
8./13. März. Das Preußische Abgeordnetenhaus berät
den Eisenbahnetat und findet im allgemeinen, abgesehen von einigen
speziellen Wünschen, daß die Eisenbahnverwaltung ihre Aufgabe
vollauf löst.
März. Diskussion über die Verwaltung von Kamerun.
In der Presse und im Reichstag wird die Verwaltung des Gouver-
neurs von Kamerun, v. Puttkamer, lebhaft erörtert. Unter anderem
wird ihm vorgeworfen, seiner Maitresse einen falschen Paß ausgestellt und
sie als seine Cousine ausgegeben zu haben. Ferner werden Beschwerden
von Negern erörtert. Hierüber schreibt Reichstagsabg. Hagemann ( ul.)
im „Tag"“ am 10. März: Am 5. September 1905 ging beim Reichstag
eine von einer Reihe von Häuptlingen und Unterhäuptlingen sowie von
King Akwa von Bonambela unterzeichnete Beschwerde ein, welche von
Bonaku, Duala Kamerun, datiert war und unter spezieller Aufführung von
24 Beschwerdepunkten die Bitte aussprach, es möge zur Vermeidung von
Unruhen befohlen werden, daß die Quälereien des deutschen Gouvernements
an den Bittstellern und ihrem King ein Ende nehmen möchten. Diese Be-
schwerde ist zu gleicher Zeit dem Reichskanzler zugegangen und dann im
Oktober von Berlin aus dem Gouvernement in Kamerun zur Erledigung
und Berichterstattung übersandt. Da in der Beschwerde eine Reihe schwerster
Vorwürfe gegen Beamte erhoben war, so hielten diese eine Feststellung der
Grundlosigkeiten dieser Beschuldigungen um so mehr für geboten, als nur
so die Unterlage für Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung im Lande
geschaffen werden könne, und aus dieser Erwägung heraus stellte dann für
die beschuldigten und verleumdeten Beamten der Gouverneur v. Puttkamer
Strafantrag gegen die Unterzeichner der Beschwerde. Da der zuständige
Bezirksamtmann Regierungsrat v. Brauchitsch als selbst stark beteiligt als
Richter ausfallen mußte, hat der Bezirksrichter Lämmermann die Sache
bearbeitet. Er hat im Hinblick auf die Fluchtverdächtigkeit der Leute die
sämtlichen Angeklagten verhaften und vorführen lassen, hat sie sämtlich ver-
nommen und ist dann in die Hauptverhandlung eingetreten, welche am
6. Dezember 1905 mit der Verurteilung sämtlicher Angeklagten zu zum
Teil sehr hohen Freiheitsstrafen endete. Die Bestätigung des Urteils, welche
dem Gouverneur oblag, hat dieser mit Rücksicht, daß er selbst Partei und
somit nicht in der Lage war, richterliche Funktionen auszuüben, abgelehnt.
Das Kolonialamt hat demnächst das Urteil aufgehoben und die Verhand-
lung und Entscheidung einem anderen Richter überwiesen. Neben der
Kritik, die an dem uUrteil selbst geübt wurde, kam eine Reihe von Be-
schwerdepunkten in der Kommission zur Sprache; das Endergebnis war die
Annahme folgenden Antrags: Der Reichstag wolle den Reichskanzler er-
suchen: 1. in Ausführung des § 4 des Schutzgebietsgesetzes vom 25. Juli
1900 tunlichst bald durch Kaiserliche Verordnung die erforderlichen Maß-
regeln dafür zu treffen, daß den Eingeborenen der Schutzgebiete zunächst
auf dem Gebiete des Strafrechts, des Strafprozesses und der Disziplinar-
gewalt im Sinne der §§ 2 und 3 des Schutzgebietsgesetzes erhöhte Rechts-
garantien gewährt werden; 2. schon jetzt Anordnung dahin zu treffen, daß
gegenüber in Untersuchungshaft befindlichen Angeschuldigten die Anwendung
von körperlicher Züchtigung, Zwangsarbeit und Kettenhaft regelmäßig aus-
geschlossen ist; 3. durch einen völlig unabhängigen, nach Möglichkeit mit
Richterqualität bekleideten Beamten eine eingehende Untersuchung über die
Beschwerdepunkte der Akwaleute durchführen zu lassen und über das Er-
gebnis der Untersuchung und über die nach Ziffer 1 demnächst zu schaffenden