Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Zweiundzwanzigster Jahrgang. 1906. (47)

Vas Fenisqhe Reiih und seine einjelnen Glieder. (März 10. —12.) 57 
schrittspartei, 1871 im Deutschen Reichstage, fast die ganze Zeit als Ver- 
treter von Hagen. Außerdem Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses 
von 1869—1906. 
In den Nachrufen der Presse wird die Lauterkeit seiner Gesinnung 
und seine Ueberzeugungstreue hervorgehoben, vielfach wird seine oppositio- 
nelle Stellung auf die Nichtbestätigung als Bürgermeister zurückgeführt, 
obgleich er hervorragende politische Fähigkeiten, besonders in finanziellen 
Dingen, besessen habe. Die „Preuß. Jahrbücher" erklären seine politische 
Haltung mit seiner Unfähigkeit, positive Politik zu machen; in diesem Ge- 
fühl habe er mehrere Gelegenheiten, zuletzt 1892, Einfluß auf die Regierung 
zu bekommen, unbenutzt gelassen. Er sei ein moderner Kleon; wie dieser 
habe er nur einige Zufallserfolge errungen, die aber die von ihm vertretene 
Sache nicht dauernd zu fördern vermochten. 
10. März. Der Reichstag genehmigt folgende Resolutionen 
zum Postetat: 
Ueber die Einstellung des Postanweisungsverkehrs an Sonn= und 
Feiertagen, den Ausschluß der Bestellungen von Drucksachenmassensendungen 
an Sonntagen, die Regelung des Nachtdienstes, die Portofreiheit für Pakete 
bis fünf Kilogramm an und von Personen des Soldatenstandes, eine weit- 
gehende Erleichterung der Telephoneinrichtungen und Benutzung in den 
kleinen Ortschaften, Abschaffung des Bestellgeldes, eine Untersuchung über 
die Möglichkeit der Einschränkung der Portofreiheit fürstlicher Personen. 
10. März. (Reichstag.) Präsident Graf Ballestrem teilt 
den Tod des Abg. Richter mit folgenden Worten mit: 
Meine Herren! Der Reichstag hat einen schweren und schmerzlichen 
Verlust erlitten. Heute nacht 4¼ Uhr starb zu Großlichterfelde unser 
Kollege Eugen Richter, Mitglied des konstituierenden Reichstags für den 
ersten Wahlkreis des Regierungsbezirks Erfurt, Mitglied des Reichstags in 
allen Legislaturperioden, und zwar in der ersten Legislaturperiode für den 
Wahlkreis Schwarzburg-Rudolstadt und von der zweiten Legislaturperiode 
ab ununterbrochen für den vierten Wahlkreis des Regierungsbezirks Arns- 
berg (Hagen). Mit seinen anerkannt hervorragenden Geistesgaben und mit 
seltener Geistesschärfe war der Verstorbene allezeit bemüht für des Vater- 
landes Wohl und Größe zu wirken und so wird er in unserer Erinnerung 
fortleben. Mit unvergleichlicher Pflichttreue und Selbstlosigkeit widmete 
er sich bis zum letzten Augenblick selbst bei schwerer Krankheit den Arbeiten 
für des Reiches Wohl und Gedeihen. Sein Andenken wird bei uns in 
hohen Ehren bleiben. Meine Herren! Sie haben sich zu Ehren des Ver- 
storbenen von Ihren Plätzen erhoben; ich konstatiere dies. 
11. März. (Straßburg i. E.) Die Vertreter sämtlicher 
Zentrumsvereine in Elsaß-Lothringen beschließen einstimmig die 
Gründung einer elsaß-lothringischen Zentrumspartei. 
12. März. (Preußen.) übersicht über die Durchführung 
des Ansiedlungsgesetzes. 
Nach der Denkschrift über die Ausführung des Gesetzes vom 26. April 
1886, betreffend die Beförderung deutscher Ansiedelungen in den Provinzen 
Westpreußen und Posen für das Jahr 1905 ist das Güterangebot erheblich 
hinter dem in den Vorjahren zurückgeblieben; sehr viel lebhafter als das 
Güterangebot gestaltete sich das Angebot bäuerlicher Grundstücke. Es 
wurden angekauft: 34 Rittergüter, 42 größere Landgüter und 82 Bauern- 
 
	        
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