Vas Denlsche Reih und seine einjelnen Glieder. (März 13./26.) 59
zusagen als Geschäftsführer die Geschäfte des Reiches zu leiten hat, hat
nicht gegen den Willen des Reichstages gehandelt, er hat nur gehandelt,
ohne zunächst den Willen des Reichstages angehört zu haben. Deshalb
sollen wir die Genehmigung der Indemnität erteilen. Die Bedeutung der
Indemnität liegt ja doch darin, daß man die nachträgliche Genehmigung
und auch die Verzeihung für den Vorgriff, der geschehen ist, gewährt.
Dabei sind die Beträge, um die es sich bisher gehandelt hat, nicht so er-
heblich, daß wir jetzt wegen dieser Dinge noch allzuviele Worte machen
sollten. — Ueber die Forderung von Regierungsschulen sagt er: Gerade
der Umstand, daß es sich um Schulen handelt, die nebeneinander bestehen,
Missionsschulen und staatliche Schulen, ist meiner Ueberzeugung nach der
Kulturentwickelung schädlich. Um Koranschulen handelt es sich nicht, son-
dern es wird ein Lehrer gefordert, um eine Schulklasse und damit wohl
ein Schulsystem einzurichten für die Kinder der weißen Beamten. Aber
die Beamten würden sehr wohl in der Lage sein, selbst für Unterricht zu
sorgen, wenn man ihnen eventuell eine Unterstützung gewährte. Mit dem
Moment, wo die Kolonialverwaltung das nicht tut, sondern eigene Schulen
für sich einrichtet, setzt sie die Schulen der Missionare in den Augen der
Bevölkerung herab und erklärt sie dadurch für minderwertig. Die kul-
turelle Entwickelung unserer Kolonien beruht nicht auf unseren Schutz-
truppen, sondern sie beruht ganz wesentlich auf unseren Missionen. Und
wir haben, wenn wir die kulturelle Entwickelung dort fördern wollen, das
allergrößte Interesse daran, das Ansehen der Missionen hochzuhalten. (Sehr
wahr! und lebhafte Zustimmung im Zentrum.) Dazu kommt noch ein
weiteres Moment. In den bisher bestehenden Schulen erhalten Moham-
medaner Unterricht. Infolge ihrer natürlichen Gelehrigkeit und ihres
Strebens nach Fortbildung haben sie bald vor den Eingeborenen einen
Vorsprung, und in allen Stellen, mit denen eine gewisse Autorität gegen-
über den Schwarzen verbunden ist, werden Mohammedaner bevorzugt. Das
erhöht naturgemäß das Ansehen der Mohammedaner bei den Eingeborenen,
und das ist nicht der Zweck, weshalb wir Schulen gründen. Unsere Arbeit
gilt nicht dem mohammedanischen Elemente, sondern dem heidnischen Ele-
mente der Eingeborenen, und dieses können wir nur heben, wenn wir
unsere kulturelle Anschauung bei den Eingeborenen zur Geltung bringen
und auf diese Weise die Eingeborenen erziehen. Mit dieser kulturellen An-
schauung werden wir, weil sie getragen ist vom Christentum, allerdings
auch die Entwickelung der christlichen Religion fördern. Die Missionare,
die auf dem Kongresse gewesen sind — es waren keine katholische, sondern
evangelische — haben aus ihren Kenntnissen in Ostafrika heraus betont,
daß man in religiöser Beziehung sich dort an einem Wendepunkt befinde,
bei dem es sich wesentlich um die Frage handle, soll der Mohammedanis-
mus oder soll das Christentum in den Kolonien vordringen und siegen?
Unter solchen Umständen hat das Reich, ganz unabhängig davon, wie man
zur christlichen Religion steht, schon allein im Interesse seiner eigenen kul-
turellen Entwickelung unbedingt die Verpflichtung, alles zu tun, um die
Träger der christlichen Religion und damit unserer Kultur, namentlich die
Missionen, zu fördern und in scharfen Gegensatz zu bringen zu den Mo-
hammedanern. (Sehr richtig! und Beifall im Zentrum.)
Erbprinz Hohenlohe: Die Beamtenauswahl werde mit großer
Sorgfalt vorgenommen, und es sei zu wünschen, daß sie im Interesse der
Kontinuität des Dienstes möglichst lange in einer Stellung blieben. Re-
gierungsschulen würden nur an der Küste, nicht im Innern errichtet. Abg.
Arendt (RP.) bemerkt in einer Polemik gegen Abg. Bebel, der die
Kolonialpolitik als Eroberungspolitik, die stets mit Aufständen rechnen