60 Jos Venuische Reich und seine einjelnen Glieder. (März 13./26.)
müsse, bezeichnet hatte: Dasselbe gilt doch auch von den englischen Kolonien.
Es handelt sich um Wilde, die an Sklavenjäger, an Raub und Totschlag
gewöhnt sind. Daran werden sie von den Deutschen verhindert, und so
ist es natürlich, daß es zum Aufstande kommt. Kolonialpolitik ist eine Er-
oberungspolitik und muß eine Gewaltpolitik sein. Anders ist es nie ge-
wesen. Die Hauptsache ist doch das Ergebnis, das da entsteht. Ist nicht
Australien und Amerika durch eine Eroberungspolitik zu der Bedeutung
gekommen? Eine koloniale Ausbreitung ist ohne Machtentfaltung nicht
denkbar. Andererseits haben wir die Pflicht, alles zu tun, um solchen Zu-
ständen vorzubeugen. Dazu dient eine gute Verwaltung, eine ausreichende
Truppenzahl und die Anlegung und Pflege von Eisenbahnen. In dieser
Beziehung haben wir sehr viel unterlassen und sind mit schuld, daß die
Entwickelung noch nicht weitergekommen ist.
Am 16. und 17. März werden die Anklagen gegen den früheren
Reichskommissar Dr. Karl Peters besprochen; Abg. Bebel (Soz.) greift ihn.
scharf an, nach Abg. Arendt (RP.) sind die Anklagen unbegründet und
beruhen auf Fälschungen (vgl. „Tag“ März). — Am 17. wird über die
Regierungsschulen diskutiert.
Zentrum und Konservative bekämpfen sie, weil in ihrer Genehmigung
eine prinzipielle Anerkennung der Simultanschule liegen würde. Da der
Reichstag nicht beschlußfähig ist, bleibt der Posten unerledigt. (Vgl. 4. April.)
Am 19. gibt Oberst Deimling eine Schilderung der Kämpfe in
Südwestafrika, wobei er die militärische Initiative der Herero und Hotten-
totten hervorhebt. Abg. Kopsch (fr. Vp.) greift die Verwaltung von
Kamerun an; Gouverneur v. Puttkamer führe ein unsittliches Leben und
ein ungerechtes Regiment wie die Petition der Akwaleute und ihre Be-
handlung beweise. Erbprinz Hohenlohe: Puttkamer sei zur Rechtferti-
gung nach Berlin berufen worden; das Urteil gegen die Akwaleute sei zu
hart, der Gouverneur habe ihm auch die Bestätigung versagt. Seine sitt-
liche Lebensführung habe Anstoß erregt. Abg. Ablaß (fr. Vp.) führt Be-
schwerde gegen Grausamkeiten des Gouverneurs Horn von Togo, Geh. Rat
Rose schildert die Fälle und die Bestrafung des Gouverneurs. — Ueber
die Petition der Akwaleute wird folgender Kommissionsantrag angenommen:
I. In Ausführung des Schutzgebietsgesetzes tunlichst bald durch Kaiserliche
Verordnung die erforderlichen Maßregeln dafür zu treffen, daß den Ein-
geborenen der Schutzgebiete zunächst auf dem Gebiete des Strafrechtes, des
Strafprozesses und der Disziplinargewalt erhöhte Rechtsgarantien gewährt
werden. II. Schon jetzt dahin Anordnungen zu treffen, daß gegenüber in
Untersuchungshaft befindlichen Angeschuldigten die Anwendung von körper-
lichen Züchtigungen, Zwangsarbeit und Kettenhaft regelmäßig ausgeschlossen
ist. III. Durch völlig unabhängige, nach Möglichkeit mit Richterqualität
bekleidete Beamte eine eingehende Untersuchung über die Beschwerdepunkte
der Akwaleute durchführen zu lassen und über das Ergebnis der Unter-
suchung und über die nach Ziffer I demnächst zu schaffenden Schutzmaß-
nahmen der Eingeborenen dem Reichstage Mitteilung zu machen. IV. Im
übrigen die Petition als Material zu überweisen.
Am 24. wird über die Taktik der Buren debattiert. Am 26. po-
lemisiert Abg. Erzberger (3.) gegen die Verwaltung von Neu-Guinea,
die zu teuer sei. Geh. Rat Rose: Das in viele Inseln zerteilte Schutz-
gebiet lasse sich nicht so einfach wie ein geschlossenes Territorium verwalten.
Ferner wird über den Vertrag zwischen dem Reich und der Jaluitgesell-
schaft und über die Prügelstrafe verhandelt.
Die Differenz zwischen den Zentrumsabgeordneten Erzberger und
Spahn (S. 58) wird viel besprochen und daraus auf tiefere Zerwürfnisse