Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Zweiundzwanzigster Jahrgang. 1906. (47)

Das Denische Reich uund seine einzelnen Glieder. (März 30./April 3.) 83 
ersuchen, im Anschluß an die vom Reichstag mit Beschluß vom 21. März 
1905 geforderte und daher baldigst anzubahnende Reform des Reichs- 
militärstrafgesetzbuches im Interesse der energischen Bekämpfung der Militär- 
mißhandlungen zu veranlassen, daß auch die Bestimmungen über das Be- 
schwerderecht der Soldaten einer neuerlichen gründlichen Revision im Sinne 
der Erleichterung der Beschwerde des Soldaten gegen mißbräuchliche An- 
wendung der Dienstgewalt unterzogen werden. — Der Antragsteller be- 
gründet den Antrag mit einer Reihe von Spezialfällen. Abg. Spahn (3.) 
fragt, ob die Erklärung des Kriegsministers über das Duell (S. 7) be- 
stehen bleiben solle; sie habe große Beunruhigung hervorgerufen. 
Preußischer Kriegsminister v. Einem: Im Einvernehmen mit dem 
Reichskanzler möchte ich folgende Erklärung abgeben: Gegenüber den viel- 
fachen Mißverständnissen, die meine Erklärung vom 15. Jannar 1906 her- 
vorgerufen hat, halte ich es für notwendig, diese Erklärung näher zu er- 
läutern. Der Reichskanzler Fürst zu Hohenlohe hat in der Sitzung vom 
17. November 1896 erklärt, daß beabsichtigt sei, Streitigkeiten und Be- 
leidigungen einer ehrengerichtlichen Entscheidung zu unterwerfen. Dies Ver- 
sprechen ist eingelöst worden durch die Allerhöchste Verordnung vom 
1. Januar 1897, welche für die Erziehung des Offizierkorps zur Bekämpfung 
der Duelle von den segensreichsten Folgen gewesen ist. Nach diesen Be- 
stimmungen ist jeder Offizier verpflichtet, sich in Ehrenangelegenheiten an 
den Ehrenrat zu wenden. Der Ehrenrat hat dem Kommandeur seine Vor- 
schläge zu machen. Durch diese Inanspruchnahme des Ehrengerichts und 
des Kommandeurs ist vor allem dahin gewirkt, daß Streitigkeiten schnell 
und in angemessener Weise erledigt werden, oder wenn dies nicht mehr 
möglich ist, sie vor das Forum des Ehrengerichts gebracht werden. Mit 
Sicherheit kann wohl gesagt werden, daß Duelle aus kleinen Veranlassungen 
vollkommen aufgehört haben, und ebenso auch Zweikämpfe wegen frevel- 
hafter, leichtfertiger Beleidigung. In der Tat sind Duelle zwischen Offi- 
zieren, seitdem diese Verordnung zu Recht besteht, nur noch derart ver- 
einzelt vorgekommen, daß von einem Duellunwesen nicht mehr gesprochen 
werden kann. An dieser Bestimmung vom 1. Januar 1897 ist durch meine 
Erklärung nichts geändert; sie besteht nach wie vor in Kraft und wird 
ihrem Geiste und Wortlaut nach gehandhabt. Es ist behauptet worden, 
daß die Bestimmung, wonach ein Offizier verabschiedet wird, wenn er sich 
weigert, seine Ehre standesgemäß zu wahren, unrecht und verwerflich sei, 
weil es dadurch in das Belieben eines jeden gestellt wäre, entweder den 
Offizier zum Duell zu zwingen oder aus seiner Stellung zu bringen. Dem 
ist nicht sol Genugtuung mit der Waffe wird nur gefordert werden, wenn 
der Gegner ein Ehrenmann ist, aber nicht, wenn der Nachweis geliefert 
wird, daß der Beleidiger den Offizier nur provoziert hat, um ihn in seiner 
Stellung als Offizier zu gefährden, oder aus sonst unehrenhafter Gesinnung. 
Auch diejenige Allerhöchste Bestimmung, wonach verboten ist, einen Offi- 
ziersaspiranten nach seiner persönlichen Stellung zum Duell zu fragen, ist 
noch in Kraft. Verstöße dagegen sind unstatthaft und gegen die ausdrück- 
liche Allerhöchste Willensmeinung gerichtet. Aus meinen Darlegungen 
dürfte daher wohl zu entnehmen sein, daß in der Armee alles geschieht, 
um das Duell zu bekämpfen, daß die ergriffenen Maßnahmen zu einem 
günstigen Resultat geführt haben. Unser grundsätzliches Ziel bleibt es, das 
Duell zu unterdrücken. Ich habe dieser Erklärung nichts weiter hinzuzu- 
fügen.. Uleber die Mißhandlungsfrage sagt er unter anderem: Die 
Stunden, in denen hier diese Vorkommnisse in der Armee vorgetragen 
werden, sind mit die schwersten, denn ich fühle in der Tat die ganze De- 
mütigung, die darin liegt, daß in der Armee derartige schwere und in 
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