Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1909. (50)

Das Denishe Reith und seine einzelnen Slieder. (März 11. 12.) 93 
sehen, daß nicht alles, was gewissermaßen als Nationalvermögen erscheint, 
auch als Vermögen in unserer Ergänzungssteuer erscheint. (Sehr richtig! 
rechts.) Es sind dabei eine ganze Anzahl Momente nicht berücksichtigt. 
So ist ein Teil des Vermögens im Ausland. Vor allem aber ist sehr 
viel in Hausgeräten angelegt. Wir schätzen, daß nicht weniger als 20 
Milliarden in Hausgerät und Möbeln angelegt sind. Die Gesamtzahl 
des Vermögens unter 6000 Mark, das nicht herangezogen wird, beträgt 
34 Milliarden. Von dem angeblichen Fehlbetrag von 66 Milliarden er- 
klären sich auf diese Weise allein etwa 50 Milliarden. Die Behauptung 
muß also stark eingeschränkt werden. Ich habe nie den Anspruch erhoben, 
daß wir hinsichtlich der Erhebung der Einkommen- und Vermögenssteuer 
den letzten Grad der Vollkommenheit erreicht haben. Ich weiß sehr wohl, 
daß viele Leute nicht das zahlen, was sie zahlen müßten, aber ich muß 
den Vorwurf zurückweisen, daß es in diesem Umfang stattfindet und daß 
die Landräte an einem solchen Verfahren mitschuldig sind. Unsere Ver- 
anlagungsbehörden geben sich redlich Mühe bei der Veranlagung. Bisher 
sind immer gegenteilige Klagen erhoben worden. (Heiterkeit.) Ich habe 
nachgewiesen, in welchem Maße Beanstandungen erfolgten. In den letzten 
10 Jahren sind von den abgegebenen Steuererklärungen nicht weniger als 
1400000 berichtigt worden. Das mehrveranlagte Einkommen betrug zwei 
Milliarden. Ich muß alle Beamten, die in der Steuerverwaltung tätig 
sind, insbesondere die Landräte, gegen den Vorwurf, als ob sie ihre Pflicht 
nicht getan hätten, in Schutz nehmen. (Lebhafter Beifall rechts.) 
11. März. (Reichstag.) Die Finanzkommission beginnt die 
Beratung des Brausteuergesetzes. 
11. März. Im Bundesrat wird der Entwurf einer Novelle 
zum Strafgesetzbuch angenommen. 
Anfang März. Bericht über die Tätigkeit der Ansiedlungs- 
kommission in Westpreußen und Posen: 
Die Siedlungstätigkeit ist etwas abgeschwächt; obwohl die Zahl der 
Bewerber von 6161 auf 7015 im Jahre 1908 gestiegen ist, wurden nur 
1526 Verträge abgeschlossen gegen 1660 im Vorjahr. Die begebene Fläche 
betrug 22 020 ha, gegen 24066 ha, die tatsächlich besiedelte Fläche beträgt 
für 1908 nur 20963 ha, da 1057 ha auf drei Restgüter abzurechnen sind. 
Angeboten waren im Jahre 1908 265 Güter mit 106714 ha gegen 
407 Güter mit 138110 ha im Jahre vorher. Das Angebot ist also weiter 
zurückgegangen. Angekauft wurden 14093 ha gegen 9390 ha im Jahre 
1907. Der Ankauf ist also wieder größer geworden, indes bleibt er auch 
diesmal weit hinter dem Jahresbedarf zurück. Durch diese Zurückhaltung 
ist es gelungen, wieder zu einem angemessenen Preise zu kaufen; der 
Preis für das Hektar ist von 1508 Mark im Jahre 1907 auf 1181 Mark 
im Jahre 1908 zurückgegangen; er betrug im Jahre 1907 das 134, 6fache, 
im Jahre 1908 das 115fache des Grundsteuer-Reinertrags. 
12. März. Ueber die Frage der Konferenz wegen der serbischen 
Forderungen schreibt die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“: 
Die serbische Note wird in der Presse sehr verschieden beurteilt: sie 
wird vielfach als ein Fortschritt in friedlichem Sinne betrachtet. Ganz 
befriedigt hat sie nirgend, auch nicht in der französischen und der englischen 
Presse. Es wird abzuwarten sein, ob und was Serbien auf die öster- 
reichisch-ungarischen Demarchen in Belgrad antwortet. In Wien und hier
	        
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