Das NBessche Reich und seine eimeluen Slieder. (März 17.) 101
das Militärkabinett auch nur andeuten könnte, wie eine solche Angelegen-
heit zu behandeln sein würde, bezw. wie der Spruch ausfallen würde.
Die Bearbeitung der ehrengerichtlichen Angelegenheiten könnte keine ge-
wissenhaftere, keine andere sein, wenn sie etwa durch eine besondere un-
parteiische Behörde erfolgte.
Es soll gewiß nicht geleugnet werden, daß der Kriegsminister
in Meinungsverschiedenheiten mit dem Chef des Militär-
kabinetts gelangen kann. Das kann aber auch geschehen mit irgend
einem andern Generale, mit einem Generalinspekteur, und Sie sehen ja
hier im Reichstage, wenn die Herren Sachverständigen ihre Meinung sagen,
daß sie dabei auch auseinanderkommen. Wenn solche Meinungsverschieden-
heiten vorkommen, bleibt nichts anderes übrig, als daß vor dem Kaiser
der Vortrag stattfindet und jeder seine Ansichten auseinandersetzt und
Seine Majestät dann entscheidet. Bei mir sind solche Differenzen noch
nicht vorgekommen.
Sehr interessant ist es nun, daß ich vor einiger Zeit gelesen habe,
daß alle Direktiven und jede Initiative in der Heeresverwaltung in Bezug
auf Organisation usw. vom Militärkabinett ausgingen. Wenn das Kriegs-
ministerium eine so vertrottelte Behörde wäre, dann müßte man doch
eigentlich sehr dankbar sein, und man müßte froh sein, daß irgend eine
Stelle vorhanden wäre, die die Sache vorwärts brächte. (Sehr richtig!
rechts.) Aber das ist man nicht, es wird dies aufs allerbitterste getadelt.
Diese Logik kann ich nun eigentlich nicht begreifen.
Nun muß ich aber aufs bestimmteste erklären, daß das Militär-
kabinett nie und nimmer in meinem Ressort in irgend einer Weise ein-
gegriffen hat. Ich habe mit dem Militärkabinett stets von dem Gesichts-
punkte aus gearbeitet — auch mit meinem Freunde, dem verstorbenen
Grafen Hülsen — daß wir uns sagten, wir müssen bestrebt sein, gemeinsam
zu arbeiten und allgemein das Heer vorwärts zu bringen, und er ist es
gerade gewesen, der mir sagte: Ich werde stets Offiziere aus dem Kriegs-
ministerium nehmen, weil die den Geschäftsgang, die Gesetze, die Bestim-
mungen am besten kennen. Ich habe auch schon angedeutet, daß viele
ehemalige Offiziere, die dem Kriegsministerium angehörten, im Militär-
kabinett sind. Ich habe niemals von dem Militärkabinett eine Auf-
forderung bekommen etwa dahin: Seine Majestät der Kaiser haben geruht,
das und das zu befehlen. Das ist niemals vorgekommen, und es kann
auch eigentlich gar nicht vorkommen, denn der Kriegsminister ist in der
glücklichen Lage, Seiner Majestät jede Woche einen persönlichen Vortrag
zu halten, und in diesem Vortrag kommen alle Dinge, die überhaupt die
Berwaltung umfassen, zur Sprache, namentlich Organisationsfragen, Be-
waffnungs-, Bekleidungsfragen, Verwaltungsfragen, die Mobilmachung,
die Landesbefestigung, alles dies trägt allein der Kriegsminister vor, und
der Kriegsminister ist allein dafür verantwortlich! Sie sehen daraus, es
geht in jeder Beziehung vollständig ressortmäßig, bestimmungsmäßig und
gesetzmäßig vor sich. Von einer Stellung des Militärkabinetts, die über-
ragend wäre, von der alles ausginge, ist nicht zu reden. Hoffentlich habe
ich die Bedenken damit zerstreut, die die Herren in Bezug auf das Militär-
kabinett hatten. Es ist dann immer die Forderung gestellt worden, das
Militärkabinett muß unter das Kriegsministerium. Diese Forderung könnte
Seine Majestät ohne weiteres erfüllen. Ja, dann wäre ich aber nicht in
der Lage, über diese persönlichen Angelegenheiten hier vor dem Reichstag
Rede und Antwort zu stehen (Sehr richtig! und Beifall rechts) und Ihnen
verantwortlich zu sein. Dazu müßten Sie die Verfassung ändern. Ohne
eine Verfassungsänderung ginge das nicht ab.