126 Nas Veische Reich und seim eimelnen Glieder. (März 30. 31.)
unbekümmert um kleine Differenzen. Das Land und die verbündeten Re-
gierungen haben das Zutrauen zu Ihnen, daß Sie sich dieser großen Auf-
gabe gewachsen zeigen werden. Beweisen Sie dem Lande und beweisen
Sie dem Auslande, daß Sie imstande sind, diese Aufgabe zu lösen im
Interesse unseres Vaterlandes und im Interesse des Ansehens und der
Stellung des Reichstags. (Lebhafder Beifall.)
30. März. (Nord-Schleswig.) Nachdem die Regierung
zwei Söhne dänischer Optanten im Grenzkreise Hadersleben aus-
gewiesen hatte, weil sie sich geweigert hatten, den Antrag auf
Naturalisation zu stellen, fordert die dänische Presse die Optanten-
führer eindringlich auf, ihre Naturalisation zu beantragen, ehe es
zu spät ist.
31. März. (Reichstag.) Der nationalliberale Abgeordnete
Lehmann bringt die Angelegenheit des Professors Kuhlenbeck zur
Sprache. Abg. Eickhoff (frs. Vp.) wünscht weitere Schiedsgerichts-
verträge mit den einzelnen Staaten. Dr. Pfeiffer (Ztr.) weist darauf
hin, daß der größte Feind Kuhlenbecks in Lausanne der deutsche
Professor Herzen, Vorsitzender des Hilfsvereins für russische An-
archisten, sei. Darauf erwidert Staatssekretär des Auswärtigen
Amts v. Schoen:
Die Regierung ist durchaus nicht abgeneigt, Schiedsgerichtsverträge
mit den Einzelstaaten abzuschließen. Wir haben einen solchen Schieds-
gerichtsvertrag bereits mit Großbritannien. Auch mit den Vereinigten
Staaten von Nordamerika hatten wir einen abgeschlossen. Es ist nicht
unsere Schuld, wenn er nicht in Kraft getreten ist; wir hoffen aber, daß
die Schwierigkeiten, die sich in den Weg gestellt haben, überwunden werden
können. Mit der Schweiz ist noch kein Vertrag abgeschlossen, aber unser
Handelsvertrag enthält eine Schiedsgerichtsklausel. Das Auswärtige Amt
hat schon seit langen Jahren die Praxis verfolgt, wenn Streitfälle zwischen
uns und andern Staaten auftauchten, den Gedanken des Schiedsgerichts
in Betracht zu ziehen, und wir haben auf diesem Wege schon unangenehme
Streitfälle im Keime erstickt. Der Zwischenfall von Casablanca ist auch in
dieser Weise erledigt worden.
Nun zum Falle Kuhlenbeck. Von vornherein mochte ich die rein
akademische und die rein persönliche Seite gänzlich ausscheiden. Sie ge-
hören nicht vor dieses Forum. Ich beschränke mich darauf, zu erörtern,
ob in diesem Falle den in der Schweiz lebenden deutschen Professoren
genügender Schutz zuteil geworden ist, oder ob unsern Vertretern ein Vor-
wurf trifft. Es handelt sich um drei Vorfälle: 1. um einen schon drei
Jahre zurückliegenden nächtlichen Zusammenstoß einiger deutscher Studenten
mit der Lausanner Polizei, ferner 2. um eine Straßenkundgebung schweize-
rischer Studenten gegen Kuhlenbeck im April 1903, und 3. um die Ab-
setzung Kuhlenbecks. Die ganze Sache ist in der Presse sehr übertrieben
worden. Bei dem nächtlichen Zusammenstoß ist ein Student sistiert worden.
der sich besonders renitent verhielt. Beschimpfungen lassen sich nicht mit
Sicherheit nachweisen. Eine Fesselung der Studenten fand nicht statt. Der
Fall ist völlig bedeutungslos und gab keinen Anlaß zu einem amtlichen
Einschreiten. Im Anschluß daran fand ein Zusammenstoß zwischen Herrn