204 Das Pentsqhe Reith und seine einzelnen Slieder. (Juni 15. 16.)
Seite gern angenommen werden, wie man überhaupt Steuern niemals
gern annimmt, aber sie zeigen immerhin eine ganz gewaltige Besserung,
wenn man sie mit denen vergleicht, mit denen die Rumpfkommission uns
beglücken wollte. «
15. Juni. Der Moltke-Harden-Prozeß wird durch einen
Vergleich beendet. Harden verzichtet auf die Revision des Urteils
vom 20. April.
15. Juni. (Reichstag.) Interpellation über die mecklen-
burgische Verfassung.
Staatssekretär v. Bethmann Hollweg und der mecklenburgische
Bundesbevollmächtigte Freiherr v. Brandenstein erklären, daß die groß-
herzoglichen Regierungen fest entschlossen sind, durch weitere Verhandlungen
mit der Ritterschaft das Reformwerk durchzuführen.
15. Juni. (Kiel.) Das Kaisergeschwader geht abends 8½ Uhr
zur Fahrt nach den finnischen Schären in See.
16. Juni. (Reichstag.) Zweite Lesung der Steuervorlagen.
Reichskanzler Fürst Bülow: Bevor der Staatssekretär des Reichs-
schatzamtes die vom Bundesrat neu vorgeschlagenen Steuern im einzelnen
begründet, möchte ich mich über die im Vordergrunde des Interesses stehende
allgemeine politische Lage aussprechen, wie sie sich nach den bisherigen
Verhandlungen über die Reichsfinanzreform gestaltet hat. Hierbei muß
ich zunächst eingehen auf mein Verhältnis zu den großen bürgerlichen
Parteien. In der Presse, in öffentlichen Versammlungen und auch in der
Finanzkommission ist darüber geklagt worden, daß die Mitwirkung des
Zentrums bei der Reichsfinanzreform von den verbündeten Regierungen
oder vom Reichskanzler ausgeschaltet worden wäre. Das ist eine voll-
kommen irrige Auffassung. (Lautes Gelächter im Zentrum und bei den
Sozialdemokraten.) Mit erhobener Stimme: Warten Sie doch ab, meine
Herren, was ich noch sagen werde. Von Anfang an ist das Zentrum auf
meine Veranlassung wie alle andern bürgerlichen Parteien über die Ab-
sichten der verbündeten Regierungen unterrichtet worden. Der Staats-
sekretär des Reichsschatzamtes, das wird ihm von allen Mitgliedern der
Kommission bestätigt werden, hat sich niemals ablehnend verhalten gegen-
über Anträgen, Anregungen oder Wünschen der Zentrumsfraktion, weil
sie vom Zentrum kamen, sondern immer nur weil und soweit er sachliche
Bedenken hatte. Der Antrag Herold wegen der Bessitzsteuern schlug einen
so starken Eingriff in die Finanzhoheit der Einzelstaaten vor wie der
später zur Annahme gelangte Kompromißantrag. Er hat auch nicht die
Stimmen der Nationalliberalen gefunden. Ich habe es aber als meine
Aufgabe betrachtet, von Anfang an bis zu diesem Augenblick und bin in
jeder Phase der Verhandlungen dafür eingetreten, den Liberalen die Mit-
wirkung zu ermöglichen und sie zur Mitarbeit heranzuziehen. Daraus
habe ich niemals ein Hehl gemacht. Ueberhaupt habe ich nie eine Parteie
an positiver Arbeit verhindert, ich würde sachliche Unterstützung sogar von
der äußersten Linken annehmen. (Gelächter bei den Sozialdemokraten.)
Ja, meine Herren, wenn Sie nur heraustreten wollten aus Ihrer negatiben
Haltung, wenn sie brechen wollten mit diesem dogmatisme intolérant, den
Ihnen ein französischer Gesinnungsgenosse nicht ganz mit Unrecht vor-
geworfen hat. Die Gereiztheit, die von einem Teil des Zentrums mir
gegenüber an den Tag gelegt worden ist, hat mich in meiner Haltung in