Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1909. (50)

### Derisqe Reit and seine einzelnen Glieder. (Januar 12.) 7 
anlagungssoll auf 264,4 Millionen, da im Etat nur 240 Millionen vor- 
esehen waren, ergibt sich ein Mehrbetrag von 24 Millionen. Im Etat 
für 1909 haben wir 270 Millionen angesetzt und hoffen das Aufkommen 
von 1908 noch um 6 Millionen zu steigern, womit wir bis an die äußerste 
Grenze des Erreichbaren gegangen zu sein glauben, zumal in einem Zeit- 
punkte, wo wir mit neuen Steueransprüchen an die Bevölkerung heran- 
treten. Bei den indirekten Steuern ist eine Mehreinnahme für die Ver- 
waltung der Zölle und indirekten Steuern im Betrage von 1900000 Mark 
eingestellt. Eine nähere Prüfung hat ergeben, daß Preußen in seinen 
Ausgaben für diese Verwaltung durch dasjenige, was es vom Reiche ersetzt 
bekommt, nicht voll gedeckt wird. Ferner wird der Etat für 1908 voraus- 
sichtlich eine Mindereinnahme aus der Stempelsteuer von 2 Millionen 
ergeben, ebenso eine Mindereinnahme bei der Erbschaftssteuer. Die neuen 
Steuergesetze, welche dem Reichstage vorliegen, haben selbstverständlich auch 
ihre Rückwirkung auf die Frage der Anstellung neuer Beamten in Preußen. 
Obwohl zurzeit niemand weiß, was aus den neuen Projekten werden wird, 
steht doch soviel fest, daß eine wesentliche Bermehrung der Reichseinnahmen 
durch Steuern erfolgen wird und in demselben Maße neue Beamte not- 
wendig werden. Da sich das Maß dieser Bermehrung aber nicht übersehen 
läßt, so bleibt nur übrig, den Weg zu gehen, der 1905 gegangen worden 
ist, indem vom Hause der Regierung die Ermächtigung erteilt wird, nach 
ihrem pflichtmäßigen Ermessen die Beamten anzustellen und sie in dem 
nächsten Etat zu etatisieren. Die Bergverwaltung wird im Ordinarium 
eine Mehreinnahme von 5,9 Millionen aufweisen, hauptsächlich durch Mehr- 
verkauf von Steinkohlen und Koks, die Ausgaben werden sich aber an- 
nähernd auf dieselbe Höhe steigern. Für die Betriebsverwaltungen ins- 
gesamt ergibt sich hiernach ein Minderüberschuß im Ordinarium von 
67 Millionen, im Extraordinarium ein Plus von 44 Millionen, zusammen 
ein Minderüberschuß von 112 Millionen. Bei den Dotationen und der 
allgemeinen Finanzverwaltung stellt sich wiederum ein sehr erheblicher 
Mehrbedarf bei der Staatsschuld, und zwar von 42 Millionen heraus. 
Sie wollen daraus ersehen, welch starke Rückwirkung der Etat auf den 
staatlichen Anleihedienst äußert, wie er durch den Ausbau der Eisenbahnen, 
Wasserstraßen usw. in Anspruch genommen wird. Fahren wir damit in 
dem bisherigen Tempo fort, so werden bald die Bedürfnisse des Haupt- 
etats keine Befriedigung mehr finden können. Bei der allgemeinen Finanz- 
verwaltung kommt natürlich auch unser Verhältnis zum Reiche maßgebend 
in Betracht. Der jetzt vorliegende Reichsetat hat mehr als 200 Millionen 
ungedeckte Matrikularbeiträge, was für Preußen allein 126 Millionen 
bedeutet. Auch die müßten wir, wenn wir wirklich ganz richtig rechnen 
wollen, noch dem kolossalen Defizit des preußischen Etats für 1908 hinzu- 
rechnen. Das beweist am besten, daß denn doch eine solche Konstruktion 
ein Ding der Unmöglichkeit ist, daß es notwendig ist, Wandel zu schaffen 
und durch das Reich selbst die nötigen Mittel beschaffen zu lassen, um von 
dieser unerträglichen Belastung freizukommen. Die allgemeinen Staats- 
verwaltungsausgaben mußten sich natürlich bei der ungünstigen Finanzlage 
nach der Decke strecken. In dem Etat der Finanzverwaltung sind 55 Mil- 
lionen Einnahmen aus den neuen Steuern eingestellt, die noch Ihrer Be- 
ratung unterliegen. 
Aus den einzelnen Etats erwähne ich nur das Allernotwendigste. 
Ich verweise da zunächst auf die weitern Mittel für die Verbesserung der 
Oder-Spree-Wasserstraße. Die Einrichtung, daß die Interessenten 
zur Schiffahrtsabgabe herangezogen worden sind, hat sehr wesentlich zur 
Hebung des Verkehrs beigetragen. (Zustimmung rechts.) Auf den märkischen
	        
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