258 „Das Pentshhe Reit und seine einzelnen Glieder. (Juli 10.)
digenden Gesamtgestaltung überhaupt zustande kommen würde. (Lebhafte
Zustimmung rechts. Widerspruch links.) Die Verschiebung würde also
nicht bloß die Finanznot des Reiches auf Monate verlängern, sondern das
ganze Werk ins Ungewisse stellen. (Lebhafte Zustimmung rechts.) Der
Zwang, die Einnahmen des Reiches zu festigen und zu vermehren, ist von
der ganzen Nation erkannt. (Sehr richtig! rechts.) Ihr Lebensinteresse
fordert, daß der Unsicherheit, die nun seit Jahren auf den Finanzen, auf
Gewerbe und Verkehr ruht (Lachen links), ein Ende bereitet wird nicht
durch einen Ausblick in die Zukunft, sondern durch eine Tat der Gegen-
wart. (Lebhafte Zustimmung rechts.) Die verbündeten Regierungen sind
ohne Ausnahme einig darin, daß diese Forderung schwerer wiegt als die
Mängel, die sie in den Kauf nehmen. Wenn jetzt die Einigung erzielt
wird, indem sie danach handeln, leisten sie in Gemeinschaft mit dem Reichs-
tag dem Vaterlande einen Dienst, den ihnen die Verantwortung für
das Wohl des Landes auferlegt.“ (Lebhafter Beifall rechts.)
Einen Ueberblick über das erreichte Resultat gibt sodann die Rede
des konservativen Parteiführers und Leiters des Bundes der Landwirte
Dr. v. Heydebrand und der Lasa: Meine politischen Freunde nehmen
Akt von der Erklärung, die eben der Herr Stellvertreter des Herrn Reichs-
kanzlers abgegeben hat, und wir freuen uns, darin eine vorbehaltlose
Zustimmung zu dem großen Werk der Finanzreform zu erblicken, das mit
so viel Arbeit und mit so viel Opfern von seiten aller schließlich zu Ende
gebracht worden ist. Wir freuen uns, daß bei diesem großen Werk keine
offenen Fragen geblieben sind, die später zu Zerwürfnissen hätten Anlaß
bieten können, wie sie eben der Herr Stellvertreter des Reichskanzlers als
für unser ganzes Volksleben nachteilig mit Recht bezeichnet hat. In dem
Werk,. das vor uns liegt, haben auch meine politischen Freunde schwere
Opfer gebracht. (Stürmische, Heiterkeit links.) M. H., regen Sie sich nicht
vor der Zeit auf. (Sehr gutl rechts.) Es werden noch Punkte genug
kommen, bei denen Sie Ihrer Erregung vielleicht mit mehr Recht werden
Ausdruck geben können, als gerade jetzt. Sie behaupten, daß wir keine Opfer
gebracht hätten. Glauben Sie, m. H., daß der Verzicht auf die Zuckersteuer,
den wir gestern ausgesprochen haben, uns leicht geworden ist? Glauben
Sie etwa, daß wir die landwirtschaftlichen Interessen, die dadurch auf das
allerschärfste berührt werden, nicht kennen, und daß wir sie nicht immer zu
schützen bereit gewesen sind? Glauben Sie, daß wir eine Steuerbelastung
von 80 Millionen auf das Spiritusgewerbe leichten Herzens auf uns ge-
nommen haben? (Rufe: Und die Liebesgabe?) Gewiß, ein Opfer aller-
dings, das uns bei der Vorlage der verbündeten Regierungen angesonnen war,
finden Sie in dem jetzt zur Vollendung stehenden Werk nicht: das ist unsere
Zustimmung zur Erbschaftssteuer. Die Gründe, die uns zur Verweigerung
unserer Zustimmung bestimmt haben, bestehen nach wie vor fort. Ich glaube
nicht, daß jetzt der Augenblick ist, alle diese Gründe vor Ihnen nochmals zu
entwickeln. Eins aber will ich doch sagen: das, was uns im letzten Grunde
und schließlich maßgebend bestimmt hat, unsere Zustimmung zu verweigern,
war das Moment, daß wir in einer solchen Steuer nichts anderes sahen
und sehen konnten als eine allgemeine Besitzsteuer, und daß wir
eine solche allgemeine Besitzbesteuerung, wie ich hier offen bekenne, nicht
in die Hände einer auf dem gleichen Wahlrecht beruhenden
parlamentarischen Körperschaft legen wollen. (Nur langsam ver-
mag der Präsident die Unruhe zu dämpfen.) Der Redner wiederholt:
— nicht gelegt sehen wollen —, weil es kein Mittel gibt, mit dem auf die
Dauer und wirksam es verhindert werden kann, daß die Sätze und Be-
stimmungen, die jetzt in der Vorlage stehen, eine Verschärfung erfahren, die