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die Organisationen in die individuellen Verhältnisse von Arbeitgebern und
Arbeitnehmern des einzelnen Werkes einmischen, aber man muß bedenken,
auf engem Raume sind ganze Armeen von Arbeitern zusammengedrängt,
im Dienste von Riesenunternehmungen, die noch untereinander syndiziert
und kartelliert sind. Der Assoziationsgedanke macht sich auf beiden Seiten
immer stärker geltend, und hieraus ergibt sich mit zwingender Notwendig-
keit das Bedürfnis, neben die individuellen Beziehungen zwischen Arbeit-
gebern und Arbeitern in den einzelnen Werken auch noch Beziehungen
auf assoziativer Grundlage zu stellen.
In zahllosen Fragen besteht zwischen Arbeitgebern und Arbeitern
eine schreiende Dissonanz. Die Hauptschuld oder wenigstens einen Teil der
Schuld trägt daran, daß sich die beiden Teile nicht miteinander aussprechen.
(Sehr richtig!l) In einer Konferenz mit Herren, die den Interessen der
Arbeiter sehr nahe stehen, wurde mir gesagt: Wenn es nur ermöglicht
würde, daß wir uns über diese Fragen einmal mit den Arbeitgebern aus-
sprechen, wenn beide nur einmal an einem und demselben Tische zu ge-
meinsamer Beratung zusammensäßen, dann würde sich bei gutem gegen-
seitigen Willen manches bessern lassen. (Ledebour (Soz.) ruft: Das geht
auch ohne Gesetzlt) Darauf komme ich nachher noch zu sprechen. Man
soll Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammenführen, das ist auch meine
Meinung. Auf diesem Gedanken beruht die Vorlage der verbündeten
Regierungen. Allerdings erwächst dabei das Bedenken, daß durch solche
Arbeitskammern die Reibungsflächen zwischen Arbeitgebern und Arbeit-
nehmern noch vergrößert werden könnten, namentlich wenn ein übermäßiger
Drang nach Betätigung mitspielt, und wenn es an gutem Willen auf einer
von beiden Seiten fehlt. In dieser Beziehung sind ja gegenwärtig die
Auspizien in keiner Weise günstig.
Ich bedaure deshalb, daß das Großunternehmertum hier im
Reichstage doch vielleicht nicht diejenige Bertretung hat, die ihm gemäß
seiner Bedeutung für unser gesamtes wirtschaftliches und staatliches Leben
zukommt. Ich weiß sehr wohl, man wird über diese meine Bemerkung
innerhalb und außerhalb des Hauses weidlich herziehen, man wird das
alte Märchen von meiner Abhängigkeit vom ZBentralverband der Indu-
striellen und andere schöne Sachen wieder neu aufwärmen, ohne daß sie
dadurch viel schmackhafter werden. Ich nehme das ruhig hin, aber ich
frage Sie selbst, würde es bei der Bewegung, die sich draußen im Unter-
nehmertum gegen die Arbeitskammern geltend macht, nicht von großem
Vorteil sein, wenn wir hier im Hause all den Einwendungen, die von
jener Seite gemacht werden, gerecht werden können, wenn eine Aus-
sprache zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern stattfände. Dann könnte
auch ein Ausgleich zwischen beiden hergestellt werden. Ein Zwischenruf
bemerkte vorhin, daß man manches ohne Gesetz regeln könne. Darin
würde ich einen ungeheuren Fortschritt erblicken. Wir sind gewohnt, in
unserer Sozialpolitik allgemeine Vorschriften zu treffen, ohne zu wissen,
ob das Kleid auch für jeden einzelnen paßt. Wir sind eben die deutschen
Theoretiker. Wenn uns nun die Möglichkeit gegeben würde, in beruflich
gegliederten Arbeitskammern gewisse streitige Berufsfragen zu besprechen,
ann werden wir in vielen Fällen der Notwendigkeit entgehen, Fragen,
die sich eigentlich zur gesetzlichen Regelung nicht eignen, dennoch hier im
Reichstag gesetzlich zu regeln, weil eine Aussprache zwischen den beteiligten
Kreisen jetzt nicht statifindet. Ich würde darin einen großen Fortschritt er-
blicken. Es schwebt mir durchaus nicht vor, Arbeitskammern schematisch über
das ganze Reich auszudehnen und das ganze Gebäude schließlich mit einem
Reichsarbeitsamt zu krönen. Das send theoretische Borstellungen,