324 Das Dentsqhe Reiqh und seine einjelnen Glieder. (September 18.)
empfinden. Die Sammlung sei aber zugleich dem Besucher ein Maßstab
für die Beurteilung der jetzigen Kunst. Sie zeigt, daß der Künstler die
schöne Aufgabe hat, nicht nur die Vorkommnisse alltäglichen Lebens in
zum Teil drastischer, sensationeller und abstoßender Form zur Darstellung
zu bringen, sondern vielmehr unter dem Einfluß der Aesthetik mit reinem
Sinn, in vornehmer Auffassung, die Flamme des Ideals in der Brust,
seine Zeitgenossen über die Misere des alltäglichen Lebens emporzuheben
und das Schönheitsgefühl des Volkes zu pflegen und zu stärken. Ich
danke Euerer königlichen Hoheit für Ihr Erscheinen am heutigen Tage und
bitte Euere königliche Hoheit, nunmehr die Galerie für eröffnet zu erklären.
Der Regent erwidert:
Eure Majestät bitte Ich Meinen tiefgefühlten Dank entgegen zu
nehmen für die Beweise gnädiger Gesinnung, mit denen Eure Majestät
Bayerns Hauptstadt wiederholt bedacht haben. Der hochherzigen Ent-
schließung, die kostbare Gemäldesammlung des Grafen Schack in München
zu belassen, haben Eure Majestät einen weitern Akt kaiserlicher Munifizenz
hinzugefügt. Nach den Anordnungen Eurer Majestät ist der Sammlung
ein neues Heim entstanden, dessen Räume Wir soeben mit Bewunderung
betreten und das die Kunstschätze der Schackgalerie in bisher ungekannter
Schönheit zur Geltung bringt. Eure Moajestät sind aber auch noch per-
sönlich nach den Anstrengungen des Manövers hierhergeeilt, um die neue
Galerie der Oeffentlichkeit zu übergeben. Indem Ich mit Freuden der
gütigen Aufforderung Eurer Majestät nachkomme, erkläre Ich die Schack-
galerie hiermit für eröffnet und fasse Meinen und der Münchener Dank
usammen in den Ruf: Seine Majestät der deutsche Kaiser und König von
Preußen lebe hoch!
18. September. (Bayern.) Bei der großen Hoftafel in
München hält der Prinzregent folgende Rede:
Es gereicht Mir zur doppelten Freude, Ew. Moajestät heute als
Meinen Gast herzlich willkommen zu heißen, nachdem ich Mir leider ver-
sagen mußte, bei dem großen Manöver, an welchem auch die bayrische
Armee Anteil genommen hat, Ew. Majestät persönlich zu begrüßen. Mit
hoher Genugtuung hat es Mich erfüllt, aus dem Munde Ew. Majestät zu
vernehmen, daß die bayrischen Truppen hierbei ihre Tüchtigkeit und Zu-
verlässigkeit aufs neue bewährt haben. Meinem Dank und Meiner Freude
über den Besuch Ew. Majestät gebe ich Ausdruck, indem ich Meine Gäste
auffordere, einzustimmen in den Ruf: Seine Moajestät der deutsche Kaiser
und König von Preußen, Mein teurer Freund, lebe hoch! hoch! hoch!
Auf die Rede des Prinzregenten erwidert der Kaiser folgendes:
Ew. königlichen Hoheit herzliche Worte haben Mich tief gerührt,
Lgleich drängt es Mich, Meiner Freude Ausdruck zu geben über die
eilnahme der stolzen bayrischen Armee an den diesjährigen Manövern
unter der bewährten Führung Sr. königlichen Hoheit des Prinzen Leopold.
Es hat Mich hocherfreut, so zahlreiche bayrische Prinzen, vor allem ihre
königlichen Hoheiten die Prinzen Ludwig und Rupprecht im Manöver-
gelände begrüßen zu können und zugleich von neuem zu sehen, wie die
bayrischen Truppen sich auch im Frieden ihrer ruhmreichen Vergangenheit
würdig zeigen. Indem ich Ew. königliche Hoheit hierzu von Herzen be-
glückwünsche, erhebe ich Mein Glas auf die Gesundheit Ew. königlichen
Hoheit und das Blühen und Gedeihen des dem ganzen Deutschen Reiche
so leuren erlauchten Hauses Wittelsbach.