Das Veutsche Reich und seine eintelnen Glieder. (Oktober 7. 11.) 329
Anfang Oktober. (Darmstadt.) 25. Generalversammlung
des allgemeinen deutschen Frauenvereins.
Es wird in erster Linie auf Zulassung der Frauen zu allen
solchen verantwortlichen Aemtern in Gemeinde und Staat gedrungen, die
den Interessen der Frauen in besonders naher Beziehung stehen, wie
ädchenschulwesen und Arbeiterinnenfrage. Darüber hinaus werden aber
weibliche Schöffen und Geschworene und Vertretung der Frauen in Berufs-
organisationen gefordert.
7. Oktober. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ feiert
das dreißigjährige Bestehen des Dreibundes:
„Die unverminderte Geltung des Bundesverhältnisses drei Jahr-
zehnte nach seinem Abschluß ist ein beredtes Zeugnis dafür, daß es den
Lebensbedürfnissen der in ihm geeinten Völker im vollen Umfang gerecht
wird. Allen gegnerischen Unterstellungen zum Trotz hat die Bundes-
genossenschaft zu keiner Zeit die Grundlage einer angreifenden, auf die
Beeinträchtigung der Rechte Dritter abzielenden Politik gebildet — ein
festes Bollwerk des Friedens, hinter dem die verbündeten Mächte sich
ungestört der Pflege ihrer eigenen Angelegenheiten widmen konnten. Seinem
friedlichen Charakter gemäß hat das Bündnis die Herstellung freundschaft-
licher Verhältnisse zu den außenstehenden Staaten nicht nur gefördert, es
ist geradezu das fruchtbringende Erdreich geworden, aus dem die Friedens-
gedanken neue Nahrung gezogen haben. So hat in steter, ruhiger Ent-
wickelung das zum Dreibund mit Italien erweiterte Bundesverhältnis
Deutschlands und Oesterreich-Ungarns eine segensreiche Wirkung weit über
sein ursprüngliches Geltungsgebiet hinaus geübt und in der seit seinem
Abschluß verflossenen Zeit wiederholt in ernsten Lagen seine Festigkeit und
seinen hohen Wert für Europa erwiesen.
Der Abschluß des Bündnisses zählt zu den bedeutendsten politischen
Taten des großen ersten Kanzlers des Deutschen Reiches. Mit seinem in
die Zukunft vordringenden Fernblick hat Fürst Bismarck schon mehr als
ein Jahrzehnt vor der Unterzeichnung den Grund gelegt für die enge
völkerrechtliche Verknüpfung Deutschlands und Oesterreich-Ungarns. Von
seinen verdienstvollen Mitarbeitern weilt unter uns nur noch der jetzt im
Ruhestande lebende Botschafter v. Radowitz. Fürst Bismarck, Graf Andrassy
und alle anderen an dem Abschluß des Bündnisvertrages beteiligten Staats-
männer sind dahingegangen. Das große Werk des Bündnisses aber lebt
und wirkt fort und ist vom Tage seiner Bollziehung an das Fundament
der europäischen Politik geblieben."“
11. Oktober. (Elsaß-Lothringen.) Neuwahlen zum elsaß-
lothringischen Bezirkstag.
Die Zahl der Vertreter verteilt sich folgendermaßen: Zentrum 13
(bisher 11), lothringischer Block 10 (bisher 12), Vereinigung der Liberalen
und Demokraten 6 (bisher 4), Sozialdemokraten 1 (bisher 0), Unab-
hängige 6 (bisher 9).
11. Oktober. (Sachsen-Koburg.) Reichstagsersatzwahl in
Koburg.
Es erhalten Zietzsch (Soz.) 6185 Stimmen, Quarck (ul.) 3460 Stim-
men und Arnold (freis. Bp.) 3041 Stimmen. Also Stichwahl zwischen
Zietzsch und Quarck. (Siehe 22. Oktober!)
