Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1909. (50)

348 Nes Veutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Dezember 1.—3.) 
eines konfessionell gemischten Staates zu wirken berufen ist. Abgesehen 
von dem Programm bietet die Tatsache der Zugehörigkeit fast aller ihrer 
Wähler und ihrer Abgeordneten zur katholischen Kirche genügende Bürg- 
schaft dafür, daß die Zentrumspartei die berechtigten Interessen der deutschen 
Katholiken auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens nachdrücklichst ver- 
treten wird. Dadurch verliert aber die Zentrumspartei nicht den Charakter 
einer rein politischen Partei. Die Zentrumspartei hat die ZugehörigkeitW 
zur Partei niemals von der Angehörigkeit zum katholischen Glaubens- 
bekenntnis abhängig gemacht, und die Zentrumsfraktion des Reichstages 
hat auch tatsächlich bis heute stets Angehörige eines nichtkatholischen 
Glaubensbekenntnisses zu ihren Mitgliedern gezählt, welche allen, auch 
ihren intimsten Verhandlungen beigewohnt haben. Dabei ist es als selbst- 
verständlich zu betrachten, daß in denjenigen Fragen, welche das religiöse 
Gebiet berühren, sich jeder Abgeordnete nach den Grundsätzen seines 
Glaubensbekenntnisses richtet. Ein solches Zusammenwirken katholischer 
und nichtkatholischer Männer innerhalb der Zentrumspartei ist ein wert- 
volles Unterpfand für die Förderung des Friedens unter den christlichen 
Konfessionen und erleichtert es, auch dasjenige wirksam zu schützen, das 
denselben gemeinsam ist. Und daß es ein weites Gebiet solcher gemein- 
samen Grundsätze und gemeinsamen Interessen gibt, lehrt das öffentliche, 
insbesondere auch das politische Leben alle Tage. In diesem Geiste wird 
die Zentrumspartei, fest auf dem Boden der Verfassung stehend, auch fernerhin 
bestrebt sein, unbeirrt durch die das Gemeinwohl schädigende konfessionelle 
Hetze, ihre Pflicht gegen das deutsche Vaterland zu erfüllen. 
Berlin, 28. November 1909. 
Dr. Frhr. v. Hertling. Dr. Porsch. Dr. jur. Karl Bachem. Dr. Jul. Bachem. 
Dr. Blumberg. Cahensly. Fehrenbach. Förster. Fritzen-Düsseldorf. Graf 
Galen. Gröber. Dr. Hager. Herold. Hitze. mbn’3 Kirsch. Müller- 
Fulda. Otto. Graf Praschma. Dr. Pichler. Roeren. v. Savigny. Dr. Schaedler. 
Scharmer. Graf Strachwitz. v. Sli Karl Trimborn. Wallenborn. 
ellstein. 
1. Dezember. (Mecklenburg.) Zur Verfassungsfrage. 
Die Ritterschaft lehnt den von den beiden Großherzögen vorgelegten 
Entwurf einer mecklenburgischen Verfassung ab. Die Landschaft bewilligte der 
Regierung als Reuterei-Aversum 700000 Mark und strich 170000 Mark ab. 
2. Dezember. (Baden.) Staatsbahnwagenverband. 
In einer Denkschrift der Eisenbahnverwaltung werden die großen 
Vorteile der Vereinbarungen dargelegt; die nachweisbaren Ersparnisse be- 
tragen für Baden 728000 Mark. 
2. Dezember. (Sachsen-Weimar.) Landtagswahlen. 
Es werden 5 Konservative, 4 Sozialdemokraten, 2 Liberale, 1 Na- 
tionalliberaler und 1 Zentrumsmann gewählt. Es sind 10 Stichwahlen nötig. 
3. Dezember. (Reichstag.) Wahlddes zweiten Vizepräsidenten. 
Erbprinz zu Hohenlohe--Langenburg (Hosp. d. Rp.) wird mit 
178 Stimmen gegen 42, die auf Singer lauten, zum zweiten Bizepräsi- 
denten gewählt. 98 Zettel waren unbeschrieben. 
Das Handelsprovisorium mit England wird auf zwei Jahre, 
bis 31. Dezember 1911, in erster und zweiter Lesung ohne Debatte ver- 
längert. Dem Reichstag geht ein Weißbuch über die im Februar 1909 
beendigte Londoner Seekriegsrechtskonferenz zu.
	        
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