1866 Napoleon's Unwille gegen Italien. 399
Weisung zu geben, er möge bei Napoleon darauf wirken,
daß Venetien nicht durch französische Schenkung, sondern
durch einen Beschluß des venetianischen Volkes an Italien
falle; jener erstere Weg würde erniedrigend für Italien sein
und bei der Nation einen beklagenswerthen Eindruck hervor—
bringen; einer derartigen Lösung würde er, La Marmora,
der früher stets eine friedliche Ausgleichung zu erleichtern
gesucht, jetzt ganz entschieden den Krieg vorziehen müssen.
Eine solche Erklärung enthielt für französische Augen die
offene Aufkündigung des schuldigen Gehorsams, die pflicht-
widrige Auflehnung des undankbaren Vasallen, und gab dem
stets österreichisch und papistisch gesiunten Drouyn de Lhuys
das erwünschte Material, um bei dem Kaiser volles Über-
gewicht über Italiens Freunde, den Prinzen Napolcon, den
Staatsminister Rouher und deren Parteigenossen, zu gewinnen.
Immerhin sollte Venctien von der Fremdherrschaft befreit,
im Ubrigen aber Italien in das gebührende Verhältniß zu
seinem Schöpfer zurückgebracht werden. Die alten, am
3. Mai von Thiers in Erinnerung gebrachten Gedanken, daß
Italien nach seiner Natur und Geschichte nicht zum Einheits-
staate, sondern zum Staatenbunde bestimmt sei, kamen auch
im kaiserlichen Cabinette auf's Neue zur Sprache. Es wäre
verkehrt, sagte Napoleon einmal zu Goltz, dem Wiener Hofe
für die Abtretung Venctiens die Herstellung des Königreichs
Neapel schon jetzt anzubicten; erst wenn die italienische Ein-
heit durch Venetien vollendet sei, werde die alte Uneinigkeit
wieder ausbrechen, und der Staatenbund möglich werden.
Dagegen fand die Kaiserin Eugenie es gefährlich, die Einheit
Italiens sich vollenden zu lassen; denn, sagte sie, ist dies ge-
schehen, so wird der König sich irgendwie mit dem Papste