378 JNa%# Beutsche Reich und seine einjelnen Glieder. (Dezember 11.)
Einfluß des Geldsackes des Hansabundes stehen. Aber ich hoffe, daß der
Geldsack nicht siegen wird. Dazu ist allerdings Frieden zwischen den Kon-
fessionen nötig. Der Liberalismus hat in den letzten Monaten der Sozial-
demokratie in die Hände gearbeitet, anstatt versöhnlich zu wirken. Was
unangenehmer empfunden wird, das sind nicht die Steuern selbst, sondern
die von den Produzenten und Zwischenhändlern gemachten Ausfschläge.
Wir hatten immer den Grundsatz vertreten, daß bei den Wahlen der
Gegner der Sozialdemokratie zu unterstützen ist. In Zukunft werden wir
denselben Grundsatz gelten lassen, uns aber die Kandidaten daraufhin an-
sehen, ob sie sich noch von der Sozialdemokratie unterscheiden. Die Par-
teien sollten gemeinsam gegen die Sozialdemokratie Stellung nehmen, denn
ein Sieg der Sozialdemokraten ist eine Gefahr für den Parlamentarismus.
Dazu bedarf es auch eines klaren Wahlprogramms der Regierung. Mit
Recht sagt der Reichskanzler, daß wir keine Parteiregierung haben. Der
Kaiser ernennt den Reichskanzler, hat auch den Fürsten Bülow berufen,
und er ist Reichskanzler geblieben, solange er das Vertrauen des Kaisers
besaß. Warum er ging, mag er sich selbst beantworten. Wir haben ihn
nicht gestürzt. Herr Wiemer entrüstet sich, daß der Reichskanzler bei der
Eröffnung des Reichstags in Dragoneruniform erschienen ist. Allerdings:
„Blauer Rock und schwarzer Kragen, das sind ja die Farben der sogenannten
neuen Mehrheit“. (Zurufe: „Faule Witze!“.) Ja, einer so lächerlichen
Entrüstung muß man mit faulen Witzen begegnen. Hat etwa das An-
sehen des Reichs darunter gelitten, daß Fürst Bismarck immer in Kürassier-
uniform auftrat? Der Etat ist sparsam angelegt, auch der Militäretat.
Ich gedenke dabei mit Dankbarkeit der Verdienste, die sich der frühere
Kriegsminister Herr v. Einem in seinem Ressort erworben hat. Erfreulich
ist die Entwicklung der Kolonien und besonders erfreulich, daß sich der
Staatssekretär auf den Standpunkt gestellt hat, daß die Weißen das Herren-
volk sind. Das ist durchaus vereinbar mit gerechter Behandlung der Ein-
geborenen. Die Aeußerungen des Staatssekretärs über Marokko scheinen
etwas an den Standpunkt des Grafen Caprivi zu erinnern: er könne sich
nichts Schlimmeres denken, als wenn uns jemand ganz Afrika schenkte.
Die Rechte der Gebrüder Mannesmann sind unzweifelhaft und die vom
Staatssekretär erwähnten Einwände dagegen sind längst von juristischen.
Gutachtern widerrufen. Frankreich sucht offenbar ganz Marokko in seine
Hand zu bekommen und hofft, aus den nordafrikanischen Kolonien seine
Heere rekrutieren zu können; mag Frankreich sehen, wie weit es dabei
kommtl! Jedenfalls müssen wir verlangen, daß, wenn wir keine Schwierig-
keiten machen, unsere wirtschaftlichen Interessen nicht zu kurz kommen.
Die Mannesmann-Interessen sind deutsche Interessen. Gegen die all-
gemeinen Ausführungen des Reichskanzlers über unser Verhältnis zum
Ausland ist nichts einzuwenden. Wir hoffen, daß er seinen Einfluß auch
dafür einsetzen wird, daß die Deutschen in Oesterreich-Ungarn in ihren
Rechten nicht verkürzt werden.
Staatssekretär des Auswärtigen Amtes v. Schoen: Ich
muß noch einmal auf die Angelegenheit der Gebrüder Mannesmann zurück-
kommen. Es hat bei einigen Blättern den Anschein, als ob ich gegen die
Ansprüche der Gebrüder Mannesmann nur französische Einwendungen
vorgetragen habe. Es handelt sich durchaus nicht um eine deutsch-französische
Angelegenheit, sondern um eine Frage allgemeiner Natur, die alle Mächte,
die an der Algecirasakte mitgewirkt haben, gleichmäßig angeht. Es handelt
sich um eine. Frage zwischen zwei Gruppen, die zu verschiedenen Nationen
gehören. Gestern kam es mir nicht darauf an, die Stellungnahme der
Regierung darzulegen, sondern ich wollte nur den Sachverhalt klarlegen.