Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1909. (50)

IV Begleitwort des Verlegers 
eines maßvollen Liberalismus auf entschieden deutsch-nationaler 
Grundlage trat Ernst Rohmer sowohl in der Leitung seines Ver- 
lags wie auch persönlich allezeit tatkräftig ein. Im Frühjahr 1867 
veröffentlichte er eine Schrift „Unsere Lage und unsere Pflicht“, 
in der er die Notwendigkeit des alsbaldigen Anschlusses Bayerns 
an den Norddeutschen Bund mit beredten Ausführungen ent- 
wickelte. Wiederholt brachte er auch das Opfer der Übernahme 
zuerst der Zollparlaments-, dann der Reichstagskandidatur in dem 
heimischen Wahlbezirke Nördlingen-Donauwörth-Neuburg a. D., 
obschon sie für einen liberalen und nationalen Kandidaten wegen 
der konfessionellen Zusammensetzung des Wahlbezirks von vorn- 
herein als aussichtslos betrachtet werden mußte, während er die 
ihm mehrfach von auswärts angetragenen, eine sichere Aussicht 
bietenden Kandidaturen für Reichstag und Landtag grundsätzlich 
ablehnte, da ihm jeder politische Ehrgeiz als solcher ferne lag, 
und er für seine Person nur die Vertretung des heimischen 
Wahlbezirks als erstrebenswert betrachtete. 
Es war im Jahre 1859, unter dem Eindruck des italieni- 
schen Krieges und der allem Anschein nach in ein neues Stadium 
tretenden deutschen Politik Preußens, daß Ernst Rohmer den 
Plan der Herausgabe des „Europäischen Geschichtskalenders“ mit 
seinem vertrauten Freunde Heinrich Schultheß aus Zürich 
besprach und diesen für die Aufgabe gewann. Von Hause aus 
zum Historiker bestimmt, war Heinrich Schultheß (geb. 1815) in 
den vierziger Jahren an der Seite J. C. Bluntschlis in die 
politischen Kämpfe seiner Vaterstadt und seines Heimatkantons 
verwickelt worden. Als Redakteur der „Eidgenössischen Zeitung“ 
hatte er einige Zeit die publizistische Vertretung der von Bluntschli 
begründeten „liberal-konservativen“ Partei geführt. Als letztere 
jedoch bei den Wahlen 1846 unterlag und der Ausbruch des 
Sonderbundkrieges allen vermittelnden und gemäßigten Bestrebungen 
im Sinne Bluntschlis vollends den Boden entzog, entschloß sich 
Schultheß das Beispiel des letzteren, der schon 1849 einen Ruf 
an die Universität München angenommen hatte, zu befolgen und 
ebenfalls nach München überzusiedeln. Er war hier zunächst für 
das Staatswörterbuch von Bluntschli und Brater sowie in der
	        
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