396 Vas Verische Reich und seine einjelnen Glieder. (Dezember 13. — 15.)
dringendsten Ratschläge gegeben, und ich kann, ohne ein Geheimnis zu ver-
raten, sagen, daß das auch von den anderen Regierungen geschehen ist.
Noch vor zwei Tagen habe ich die amtliche Mitteilung erhalten, daß die
französische Regierung auf die Union des Mines eingewirkt hat und mit
größtem Nachdruck weiter eingreift. Die Frage, ob endgültige Beschlüsse
ausgesetzt werden können, bis die Budgetkommission sich ein klares Bild
hat machen können, kann ich bejahend beantworten. Endgültige Beschlüsse
werden sobald nicht gefaßt werden, in Paris handelt es sich um Vor-
beratungen innerhalb eines kleinen Kreises von Interessenten, nicht um die
Einsetzung des Schiedsgerichts. Ich muß noch auf eine in mehreren
Zeitungen aufgetauchte, sehr merkwürdige Nachricht kommen, die besagt,
ich hätte mir gewissermaßen Instruktionen für das, was ich gesagt habe
oder zu sagen haben würde, von den Vertretern einer fremden Macht er-
beten. Das ist ein unerhörter Vorwurf. (Beifall.) Ich nehme Ihren
Beifall dankend entgegen. Das wäre ein Verhalten, das an Vaterlands-
verrat grenzt. Ich weise diese dreiste Erfindung mit dem größten Nachdruck
zurück. (Lebhafter Beifall.)
13. Dezember. (Kattowitz.) Eine Anzahl Kattowitzer Eisen-
bahner, drei Gerichtsbeamte und zwei Angestellte der Reichsbank
erhalten Verweise, weil sie bei den Stichwahlen für polnische Stadt-
verordnete gestimmt hatten.
13. Dezember. (Reichstag.) Budgetkommission.
Der Betrag zur Unterstützung arbeitsloser Tabakarbeiter wird von 2
auf 2½ Millionen Mark erhöht. Infolge einer vorjährigen Resolution des
Reichstages wird zur Anschaffung von Putzzeug den unberittenen Soldaten
7,10 Mark und den berittenen 8 Mark gezahlt, was einen Nachtragsetat
von 3 Millionen Mark notwendig macht.
14. Dezember. (Bremen.) An Stelle des zurücktretenden
Dr. Marcus wird Senator Dr. Barkhausen als Bürgermeister auf
vier Jahre gewählt.
14./15. Dezember. (Reichstag.) In zweiter Lesung werden
die Nachträge zum Etat von 1909 zur Unterstützung der Tabak-
arbeiter und für die Schutzgebiete nach den Beschlüssen der Kom-
mission angenommen. Die Interpellationen des Zentrums und
der Sozialdemokraten über die von den Bergwerksbesitzern im Ruhr-
revier begründete Organisation des Arbeitsnachweises mit Zwangs-
charakter werden vom Staatssekretär des Innern Dr. Delbrück be-
antwortet.
Er führt zunächst aus, daß diese Einrichtung mit dem bestehenden
Gewerberecht in Einklang seeht, so daß die Reichsregierung keine Handhabe
hat, einzuschreiten. Eine weitere Frage ist, ob die Vorgänge im Ruhr-
revier zu einem sofortigen Eingreifen der Reichsgesetzgebung Veranlassung
geben können. Dem steht entgegen, daß das Koalitionsrecht nach § 15
der Gewerbeordnung den Arbeitgebern in gleicher Weise freisteht wie den
Arbeitnehmern. Nicht die Arbeitgeber haben den Arbeitsnachweis erfunden
sondern die Arbeitnehmer. Unter 316 Fällen, in denen bei den Tarif-
verträgen der Arbeitsnachweis geregelt ist, sind nur 12 Arbeitgebernachweise.