408 Nas Beutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Dezember 29. 30.)
Infolge von Waffenlieferungen während des russisch-japanischen
Krieges war es zwischen dem Hauptmann a. D. von Hellfeld und dem
russischen Fiskus zu einem Prozeß gekommen, bei dem die russische Re-
gierung auf Herausgabe des in Tsingtau vor Anker liegenden Dampfers
„Anhalt“ und der darauf befindlichen Munition klagte, der Vertreter des
Herrn von Hellfeld aber im Wege der Widerklage drei Millionen Mark
nebst Zinsen beanspruchte. Obwohl das kaiserliche Obergericht in Tsingtau
die Widerklage als aus völkerrechtlichen Gründen nicht zulässig erklärte,
entschied die Berufungsinstanz, das kaiserliche Konsulargericht in Schanghai,
für Zulassung der Widerklage, so daß am 7. Juli 1909 in Tslingtau das
erstinstanzliche Urteil auf Zahlung erging. Nachdem dieses Urteil am
19. November 1909 rechtskräftig und vollstreckkar geworden war, erwirkte
der Vertreter des Herrn von Hellfeld beim Amtsgericht Berlin-Mitte einen
Pfändungs= und Ueberweisungsbeschluß. Hiergegen macht das Auswärtige
Amt den Kompetenzkonflikt geltend.
29. Dezember. (Anhalt.) Das Staatsministerium verfügt
die Einführung des katholischen und israelitischen Religionsunter-
richtes als obligatorischen Lehrgegenstandes an höheren Schulen
von Ostern 1910 an.
30. Dezember. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ teilt
mit, daß sich die russische Regierung bereit erklärt habe, die An-
sprüche des Herrn von Hellfeld durch ein Schiedsgericht feststellen
zu lassen.