410 Hie ##terreichisch-#un garisehe Moesearchie. (Januar 10.—25.)
10. Januar. (Prag.) Neue tschechische Ausschreitungen an-
läßlich des ersten „Studentenbummels“ nach den Hochschulferien.
15. Janugr. (Böhmen.) Wegen der Tschechisierung der
Prager Post nimmt Direktor Swoboda, Vizepräfident des böhmi-
schen Postwesens, seinen Abschied.
17. Januar. (Prag.) Franzäöfisch-tschechische Verbrüderung.
Zur Fünfhundertjahrfeier des Kuttenberger Dekretes, das den Anlaß
zum Auszuge der deutschen Professoren und Studenten aus Prag nach
Leipzig bildete, ist eine Abordnung französischer Studenten in Prag ein-
getroffen und von tschechischen Studenten unter dem Singen nationaler
Lieder in ihr Quartier geleitet worden. Auf dem Wenzelsplatze und dem
Graben fanden später Verbrüderungskundgebungen statt. Beleidigungen
deutscher, farbentragender Studenten gaben zu einigen Verhaftungen Anlaß.
Der akademische Senat der tschechischen Universität hat die Uebernahme
des Protektorates über die Frier abgelehnt.
20. Januar. (Cisleithanien.) Das Abgeordnetenhaus tritt
wieder zusammen.
Die Regierung bringt einen Gesetzentwurf zur Errichtung einer
selbständigen italienischen Fakultät in Wien ein, deren Vorlesungen
in dem dem Erlaß des Gesetzes folgenden Wintersemester beginnen sollen.
Ein weiterer Gesetzentwurf betrifft die Abänderung des allgemeinen Berg-
gesetzes, dessen wichtigste Bestimmungen die Abschaffung der Bergbau-
freiheit für Kohlen und den Vorbehalt dieses Minerals für den Staat,
sowie die Festsetzungen über die Verleihung von Kohlenfeldern betrifft.
Ferner wird ein Gesetzentwurf über das Rekrutenkontingent für 1909
und schließlich ein Gesetz über die Wahl von Arbeiterausschüssen und
die Bestellung von Sicherheitsmännern beim Bergbau eingebracht.
20. Januar. (Cisleithanien.) Italienische Universitätsfrage.
Eine Versammlung italienischer Studenten an der Wiener Uni-
versität erklärt die Vorlage über die Errichtung einer italienischen Rechts-
fakultät wegen des Standortes Wien und wegen der Erlaubnis auch
deutscher Vorträge als unannehmbar. Sie hält an dem Verlangen einer
vollständigen italienischen Universität in Triest fest. Auch im Parlament
lehnen die italienischen und deutsch-nationalen Abgeordneten die Vorlage
ab; nur die Südslawen sind dafür.
24. Januar. (Prag.) Bei neuen tschechischen Ausschreitungen
aus Anlaß des Sonntagsbummels der deutschen Studenten geht
die Gendarmerie mit aufgepflanztem Bajonett gegen die Menge vor,
die das „Deutsche Haus“ stürmen will. Es gibt viele Verwundungen.
24. Januar. (Wien.) Der Rektor der Wiener Universität
lehnt die Bitte des französischen Konsuls, die an der Prager Feier
beteiligten acht französischen Studenten zu empfangen, ab.
25. Januar. (Cisleithanien.) Nationale Streitereien.
In Eger sammelte sich auf dem Marktplatz eine erregte Volks-
menge an und zog zu einem Gasthaus, wo tschechische Postbeamte absteigen.
Sie durchbrach beim fünften Ansturm die schützende Polizeikette und zer-
trümmerte durch Steinwürfe an 200 Fensterscheiben. In Krakau beschloß