Bie ####ihish-ugarische Mosarchie. (Februar 11.—22.) 415
zerrissener Kravatte. Dieser Anblick, sowie der des Abgeordneten Udrzal,
der eine Bißwunde am Finger davongetragen hat, wirken ernüchternd.
Der Faustkampf wird eingestellt, dafür aber stimmen die Tschechen ihre
Schlachtgesänge, die tschechischen Sozialdemokraten „Die rote Fahne“ an
und die Christlichsozialen erwidern mit der Volkshymne, die die Sozialisten
wieder mit dem „Lied der Arbeit“ niederzusingen suchen, während die
zwei Alldeutschen Iro und Malik die „Wacht am Rhein“ anstimmen.
Erst nach dem Verklingen dieser hypermodernen Sinfonie leert sich der
Saal langsam.
11. Februar. (Cisleithanien.) Das zum Teil erneuerte
Ministerium setzt sich folgendermaßen zusammen: Präsidium Frei-
herr Dr. v. Bienerth, Inneres Freiherr v. Haerdtl, Finanzen Ritter
v. Bilinski, Justiz Dr. v. Hohenburger, Unterricht Graf Stuerghk,
Eisenbahn Wreba, Handel Dr. Weiskirchner, Landesverteidigung
Georgi, Oeffentliche Arbeiten Ritt, Ackerbau Braf. Deutscher Lands-
mannminister bleibt Dr. Schreiner, tschechischer Landsmannminister
Dr. Zatschek, polnischer Landsmannminister Ritter v. Abrahamowitsch.
17. Februar. Oesterreichisch-serbische Verstimmung.
Infolge der guten Aussichten, die sich seit der Konzession einer
Geldentschädigung durch Oesterreich-Ungarn in den türkisch-österreichischen
Verhandlungen über Bosnien und die Herzegowina eingestellt haben,
steigert sich die Spannung zwischen Oesterreich und Serbien. Es kommt
in Serbien zu Verhaftungen österreichischer Untertanen wegen angeblicher
Spionage. Am 17. Februar wurden auf eine österreichische Unteroffiziers-
Patrouille in der Nähe von Novo--Selo vier Schüsse vom serbischen Ufer
aus abgegeben.
18. Februar. Zur Frage der Anerkennung Bulgariens
schreibt das „Fremdenblatt":
„Der aus Sofia eingetroffenen Meldung, daß Rußland, Frankreich
und England das Königreich Bulgarien anerkannt hätten, wird durch das
Reutersche Bureau ein Dementi entgegengesetzt. Die Meldung wäre aber
nicht überraschend gekommen, da die Anerkennung des von Bulgarien ge-
schaffenen Zustandes ja stets nur als eine Frage betrachtet wurde und
bekanntlich bereits seit längerm den Gegenstand von Besprechungen unter
den Mächten gebildet hatte. Was die Haltung Oesterreich--Ungarns zu
dieser Frage anbetrifft, so genügt es daran zu erinnern, daß das Wiener
Kabinett bereits im Oktober vorigen Jahres bei einigen Mächten die An-
erkennung der Unabhängigkeit Bulgariens angeregt und daß der Minister
des Aeußern Freiherr v. Aehrenthal sich in diesem Sinne auch vor den
Delegationen ausgesprochen hat. Es ist anzunehmen, daß Oesterreich-
Ungarn, sobald zwischen der Türkei und Bulgarien eine Verständigung
über die schwebenden Streitpunkte erzielt sein wird, seinem damals bekannt-
gegebenen Standpunkte gemäß nicht zögern wird, die Unabhängigkeit
Bulgariens und die Königswürde seines Herrschers anzuerkennen."“
. Februar. Ueber Oesterreichs Haltung gegenüber Serbien
schreibt das „Fremdenblatt“:
„Die Richtung unserer Politik gegenüber den serbischen Hetzereien,
nämlich der Wunsch, den Frieden zu erhalten, und Geduld bis zur äußersten