Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1909. (50)

Spanien. (Oltober 6. — 16.) 449 
gewordene Entsendung weiterer Verstärkungen nach Melilla keine 
Aenderung ihres sich im Rahmen der Algecirasakte haltenden 
Aktionsprogramms bedeute.. 
6. Oktober. Der bekannte Schriftsteller Perez Galdos erläßt 
einen Aufruf an das spanische Volk mit der Aufforderung, die 
klerikal-reaktionäre Willkürherrschaft abzuschütteln. 
9. Oktober. Unter den 1200 Prozessen, die das Kriegsgericht 
in Barcelona infolge des Aufstandes im Juli angestrengt hat, 
macht der neubeginnende gegen den Direktor der „Modernen Schule“, 
Ferrer, das größte Aufsehen. 
Aus Paris senden französische Universitätslehrer an den Minister- 
präsidenten Maura das telegraphische Ersuchen, Ferrer der ordentlichen 
Gerichtsbarkeit zu übergeben. In Brüssel veranstaltete während der Tagung 
des ständigen Bureaus des internationalen Friedensbundes die Vereinigung 
der Freidenker und der Bund der Menschenrechte eine Versammlung, die 
aufs schärffte gegen Ferrers Prozeß vor einem Kriegsgericht protestierte 
und mit dem Rufe: „Vive Ferrer“ die Straßen durchzog. Vor dem 
spanischen Konsulat in Amsterdam fanden feindselige Kundgebungen statt. 
12. Oktober. Der Ministerrat bestätigt das Todesurteil gegen 
Ferrer, der am nächsten Morgen um 6 Uhr im Festungsgraben 
von Montjuich erschoffen wird. 
15. Oktober. Der Minister des Auswärtigen spricht in einem 
Interview seine Verwunderung und Betrübnis über die anti- 
spanischen Kundgebungen in Paris und in andern Städten aus, 
da ja die Frage, ob Ferrer sich an der Revolution in Barcelona 
beteiligt habe, von einem Gerichtshofe entschieden worden sei und 
die Kundgeber nichts angehe. 
15. Oktober. Bei der Eröffnung der Kongreßsitzung der Cortes 
kommt es zu Lärmzsenen, wobei die Schmährufe der Republikaner 
und Radikalen durch Hochrufe auf den König bekämpft werden. 
Schließlich wird der bisherige Präsident Dato wiedergewählt. 
15. Oktober. In Barcelona finden mehrere Bombenexplosionen 
statt, durch die ein Geschäftsinhaber und zwei Polizisten schwer ver- 
letzt werden. 
16. Oktober. Verteidigung der Regierungspolitik in beiden 
Kammern. 
Im Senat greift der Demokrat Diaz Moren die Politik der 
Regierung an und erklärt, die Kundgebungen des Auslandes seien durch 
das Verhalten der spanischen Regierung veranlaßt. Diese Erklärung ruft 
Lärmszenen hervor. Der Minister des Aeußern erwidert, kein guter Patriot 
dürfe den Märchen Glauben schenken, die im Ausland die Ansicht erweckt 
hätten, daß man in Spanien jemanden wegen seiner Ideen verurteilte. 
Das sei ganz und gar unrichtig. Die Regierung werde keinerlei Ein- 
Europäischer Geschich#kalendef L. 29
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.