Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1909. (50)

Greßbriiannien. (Mai 24. 26.) 469 
23. Mai. Aus Berlin treffen 10 Stadträte und 20 Stadt- 
verordnete unter Führung des Oberbürgermeisters Kirschner auf 
Einladung des Lord--Mayors in London ein. 
24. Mai. Die Feier des Geburtstages der verstorbenen Königin 
Viktoria wird in England und den Kolonien in größerem Umfange 
als früher zu einer nationalen Feier, als „Empire Day“, benutzt. 
26. Mai. Berliner Stadtverordnete in London. 
Auf die Begrüßung der Berliner Gäste im Deutschen Athenäum 
erwiderte Oberbürgermeister Kirschner, die deutsche Nation sei groß genug, 
um ohne Neid anzuerkennen, was andere Nationen geleistet haben. Die 
Deutschen sagen, die größte Nation der Völkerfamilie sei diejenige, die 
amm meisten für den Fortschritt der übrigen Welt tue. Es geschehe weder 
für noch gegen andere Nationen, wenn die Deutschen ihrem eigenen Lande 
dienten. — Die deutschen Gäste haben an König Eduard ein Telegramm 
gerichtet, worin sie ihn zum Gewinn des Derbys beglückwünschten. 
26. Mai. (Unterhaus.) Interpellation über Persien. 
Der Unterstaatssekretär Mac Kinnon Wood erklärt auf eine An- 
frage, die russische Regierung habe beschlossen, an Persien einen kleinen 
Vorschuß von 50000 bis 100000 Pfund Sterling zu geben daraufhin, daß 
der Schah es unternommen habe, die Verfassung wiederherzustellen. Der 
Vorschuß solle für die Auszahlung der zu entlassenden Truppen und andere 
notwendige Dinge verwendet werden. Es gereiche der britischen Regierung 
zur Befriedigung, daß der Vorschuß der Sache der persischen Reform nicht 
schaden und dem gemeinschaftlichen Streben Englands und Rußlands, das 
verfassungsmäßige Regime in Persien aufrechtzuerhalten, entsprechen werde. 
26. Mai. (Unterhaus.) Zum Zweimächte-Standard. 
Auf die Forderung des Abgeordneten Craigh nach einer eingehenden 
Darlegung über die Stellung der Vereinigten Staaten in der Be- 
rechnung des Zweimächtestandes erklärte Premierminister Asquith: 
Soweit die Regierung in Betracht kommt, haben wir keinerlei Schwenkung 
vollzogen und die von unsern Vorgängern befolgte Politik in keiner Weise 
geändert. Für die praktischen Pläne des Augenblicks ist die Frage rein 
akademischer Art, denn welche zwei Mächte sie immer nehmen mögen, so 
bleibt ihre vereinigte Angriffsstärke gegenüber England weit hinter unserer 
Verteidigungsstärke zurück. Ueber den Zweimächtestand ist sehr viel törichtes 
Zeug gesorchen worden, als ob er etwas wie das Gesetz der Schwere wäre. 
(Heiterkeit.) In Wahrheit ist es nichts als ein aus der Erfahrung ge- 
schöpfter Satz, ein zweckmäßiger Arbeitsplan unter Bedingungen, von 
denen wir nicht wissen, wie lange sie in Geltung bleiben. Ich würde mich 
vor der Verantwortung scheuen, wenn ich in die Zukunft untertauchen und 
voraussagen wollte, daß die Formel des Zweimächtestandes in einigen 
Jahren zweckentsprechend oder ausreichend sein würde. Es wäre eine sehr 
gewagte Sache, unsere Zukunft — ich spreche nicht von der nächsten Zu- 
kunft sondern von der fernern — auf diese oder eine andere Formel fest- 
zulegen. Alle diese Gesetze sollen dienen, nicht herrschen, sie sind alle Mittel 
zu einem Zweck und wir müssen den Zweck im Auge behalten. Ueber 
diesen Zweck: England unter allen denkbaren Verhältnissen gegen alle 
möglichen Gefahren zu sichern, uns die völlige Herrschaft zur See zu ver- 
schaffen und jeden Versuch einer Unterbrechung unseres Handels mit irgend- 
einem Teil des Reichs unmöglich zu machen, besteht nach meiner Ueber-
	        
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