Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1909. (50)

zum fünfzigsten Jahrgang des „Europäischen Geschichtskalenders“. V 
Redaktion der 1859 von Karl Brater begründeten „Süddeutschen 
Zeitung“ tätig, die damals die unbestrittene Führerschaft hatte 
in Bayern in dem zwiefachen Kampf gegen die innere Reaktion 
und für die Einigung Deutschlands unter Führung Preußens. 
Schultheß, dem Neigung und Veranlagung die Aufgabe verlockend 
machten, ging auf die Vorschläge des Freundes ein. Deutschland 
betrachtete er als sein Adoptivvaterland, dem seine ganze Liebe 
gehörte, und die Hoffnung auf die nationale Einigung des 
deutschen Volkes stand durchaus im Mittelpunkt seiner politischen 
Gedanken. 
Im Frühjahr 1861 erschien der erste Jahrgang des 
„Europäischen Geschichtskalenders“, das Jahr 1860 behandelnd, 
mit einem einleitenden Vorwort von Heinrich v. Sybel. Es war 
Schultheß vergönnt, in der stets an Bedeutung wachsenden, bis 
zur weltgeschichtlichen Größe sich erhebenden Zeit fünfundzwanzig 
Jahrgänge des Geschichtskalenders zu vollenden. Den Abschluß 
des Druckes des 25. Bandes, des Jahrgangs 1884, den er mit 
einem kurzen Rückblick auf die von ihm redigierten Jahrgänge 
versah und „seinem langjährigen Verleger und vertrauten Freunde 
Ernst Rohmer in Liebe und Hochachtung“ widmete, überlebte er 
nur um wenige Monate. Am 31. August 1885 im nicht ganz voll- 
endeten 70. Lebensjahre schied er aus dem Leben; Ernst Rohmer 
schrieb dem langjährigen Freunde den Nekrolog, der in gekürzter 
Form auch in die „Deutsche Biographie“ überging. Ernst Rohmer 
hatte sich 1884 von den Geschäften zurückgezogen und mit der 
Leitung des Verlags auch die Sorge für den Geschichtskalender 
dem Unterzeichneten übertragen. Im 79. Lebensjahre beschloß auch 
er, bis zuletzt an allen politischen Angelegenheiten des weiteren 
wie des engeren Vaterlandes regen Anteil nehmend, sein ge- 
segnetes Leben, als dessen Höhepunkt er selbst stets die glorreiche 
Erfüllung des Traumes seiner Jugend, die Einigung Deutschlands 
und die Wiederaufrichtung des Deutschen Reiches bezeichnet hat, 
23. August 1897. 
Der Geschichtskalender, dessen Unentbehrlichkeit für das 
politische Leben sowohl Deutschlands als Osterreich-Ungarns und 
der Schweiz längst anerkannt war und den viele schmerzlich ver-
	        
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