488 Greßbritannien. (Dezember 3.)
3. Dezember. Vertagung des Parlaments bis zum 17. Januar
durch eine vom Lord-Kanzler verlesene Thronrede:
„Der offizielle Besuch, den der König von Portugal aus Anlaß
seiner Thronbesteigung abstattete, hat der Königin und mir große Freude
bereitet. Die freundschaftlichen Beziehungen, die seit vielen Jahren zwischen
den beiden verbündeten Ländern bestehen, sind durch ihn verstärkt und
efestigt worden. Unsere Beziehungen zu den auswärtigen Mächten sind
ortgesetzt die freundschaftlichsten. Die Schwierigkeiten, die im Herbst des
letzten Jahres im Südosten Europas auftauchten, sind glücklicherweise zu
einer praktischen Lösung geführt worden, so daß der Friede aufrecht er-
halten blieb. Anderseits macht das konstitutionelle Regime im Otto-
manischen Reiche weitere befriedigende Fortschritte. Abgesehen von ge-
wissen, von meinen Vertretern im Augenblick der Unterzeichnung gemachten
Vorbehalten konnten die auf der Friedenskonferenz in Haag im Jahre 1907
etroffenen Abmachungen, die, um Gültigkeit zu erlangen, eine spezielle
egalisierung nicht erfordern, gutgeheißen werden.“ Die Thronrede er-
wähnt weiter die Erneuerung der Schiedsgerichtsverträge mit dem Deutschen
Reiche, mit Schweden, Norwegen, der Schweiz und Portugal und die bevor-
stehende Erneuerung der Schiedsgerichtsverträge mit anderen Staaten, ferner
die Reform der indischen gesetzgebenden Versammlungen. Mit Bezug auf die
Gründung der Südafrikanischen Union bemerkt sie, daß dieses erfolgreiche
Ergebnis, das den neuen Kolonien freie Institution gewähre, herzlich
bewillkommnet werde.
„Eine Maßregel zur Verbesserung der Verwaltung in Indien und
zur Vermehrung der Befugnisse verschiedener gesetzgebender Räte hat
Gesetzeskraft erhalten. Diese Maßregel ist durch notwendige Vorschriften
ergänzt worden, und zu Beginn des kommenden Jahres werden die neuen
Räte die ihnen zugedachte Verantwortung übernehmen. Wenn man sie
mit Vertrauen aufnimmt, werden diese Instanzen, in ehrlichem Zusammen-
arbeiten mit meinen Beamten, die Regierungsarbeiten fördern und für
den moralischen und materiellen Fortschritt meiner indischen Untertanen
arbeiten und zu gleicher Zeit werden sie auch das Reich stärken.
Meine Herren vom Unterhause! Ich danke Ihnen für die Sorge
und Freigebigkeit, die sie gelegentlich der bedeutenden Vermehrung der zur
Verteidigung des Reichs und für die soziale Reform erforderlich gewesenen
nationalen Ausgaben an den Tag gelegt haben. Ich bedaure, daß die
dahin gerichteten Maßnahmen fruchtlos geblieben sind.
Mylords und Gentlemen! Ein irisches Agrargesetz ist angenommen
worden. Dieses Gesetz wird die Ortskassen, die zum Zweck der Ankäufe
und Erweiterung der Verwaltungsdomänen früher geschaffen worden waren,
entlasten und zur Förderung des allgemeinen Wohlstandes dienen, sowie
sicherlich auch zur Besserung der Lage der Kleinbauern, die im Westen
Irlands leben, beitragen. Mit Interesse habe ich beobachtet, daß in das
Gesetz weitere Maßnahmen eingeführt wurden, welche die Wohnungs-
verhältnisse der arbeitenden Klassen fördern und die Reinlichkeit der Woh-
nungen erhöhen sollen. Diese Maßregeln machten Vorschriften notwendig,
die schon längst hätten getroffen werden müssen. Ich habe meine Zu-
stimmung zur Schaffung von Arbeitsnachweisen gegeben, wodurch zweifels-
ohne eine bessere Regelung des Arbeitsmarktes gewährleistet und Arbeiter-
ausstände vermieden werden. Die ferner angenommene Bestimmung, die
Industriekammern für die einzelnen Berufszweige schaffen soll, wird bei
weiterer Durchführung sicherlich den beschäftigungslosen Arbeitern einen
großen Dienst erweisen können. Ich hoffe ferner, daß die für die land-