Krankreich= (August 15.—30.) 511
Ihre heutige Anwesenheit im Hafen von Cherbourg ist ein neuer Beweis
dafür, sie gibt dem Bündnis, das zwei Regierungen und zwei Völker eint,
und das, richtig betrachtet, eine Bürgschaft des Friedens in der Welt ist, eine
Weihe, die für die Zukunft nicht minder glückliche Wirkungen von ihm zu
erwarten gestattet als diejenigen, die es in der Vergangenheit hervorgebracht
hat. Indem ich die Gefühle der Anhänglichkeit zum Ausdruck bringe, die
Frankreich für Rußland hegt, erhebe ich mein Glas zu Ehren Eurer Maje-
stäten, Ihrer Majestät der Kaiserin Maria Feodorowna und der ganzen
kaiserlichen Familie und trinke auf die Größe und die Wohlfahrt des mit
der französischen Republik verbündeten und befreundeten russischen Reiches.
Die Antwort des Kaisers Nikolaus lautete:
Herr Präsident! Die Worte des Willkomms, die Sie soeben ge-
sprochen, haben die Kaiserin und mich tief gerührt. Mit dem Gefühl auf-
richtigen Vergnügens lande ich jedesmal an den Küsten Frankreichs. Die
Erinnerung an unsere frühern Aufenthalte in Ihrem schönen Lande bleibt
tief in unserm Gedächtnis. Abgesehen von den warmen Sympathien, die
ich persönlich für Frankreich hege, bleibe ich, wie Sie, Herr Präsident, fest
überzeugt, daß das Bündnis zwischen unsern beiden Ländern eine wert-
volle Bürgschaft für den allgemeinen Frieden bedeutet, daß die engen
Freundschaftsbande zwischen Rußland und Frankreich ihre wohltätigen
Wirkungen in der Zukunft fühlbar machen werden wie in der Vergangen-
heit. Wenn es mir im Lager von Bétheny vergönnt war, die französische
Armee zu bewundern, empfinde ich heute wirklich Freude, der herrlichen
Flotte meine Hochachtung bezeugen zu dürfen, deren Parade ich soeben
beigewohnt habe, und die mir einen lebhaften Eindruck gemacht hat. Be-
seelt von den Gefühlen der Herzlichkeit und der unwandelbaren Beständig-
keit, die von ganz Rußland geteilt werden, erhebe ich mein Glas auf Ihre
Gesundheit, Herr Präsident, und auf die Größe des verbündeten und be-
freundeten Frankreichs und trinke auf die Wohlfahrt der tapfern fran-
zösischen Flotte.
Nach dem Trinkspruch des Präsidenten spielte die Musik die russische
Hymne, nach dem des Kaisers die Marseillaise.
15. August. Die Abnahme der Bevölkerung in vielen
Teilen Frankreichs infolge der geringen Geburtenzahl wird nach
der Bekanntgabe der letzten Jahreszahlen wehmütig erörtert. Frank-
reich hatte bei 791712 Geburten und 745271 Todesfällen wieder
nur den schwachen Ueberschuß von 46441.
21.—28. August. In der ersten internationalen Flug-
woche in Rheims erzielen die Franzosen Blériot, Latham und
Farman sowie der Belgier Curtiß Schnelligkeitsrekorde.
23. August. Präfident Fallières begnadigt viele wegen Preß-
vergehen oder politischer Straftaten verurteilte Personen.
30. August bis 3. September. (Paris.) 6. internationale
Konferenz der Schriftführer von Landesgewerkverbänden.
Von 18 Landesverbänden sind 15 vertreten. Schweden, wo der
Ausstand noch nicht ganz beendet ist, fehlt. Legien verliest den Rechen-
schaftsbericht, wonach 9 Millionen Arbeiter in den der internationalen
Vereinigung angegliederten Vereinen vertreten sind: 380000 in Frankreich,
1 800000 in Deutschland, 420000 in der Schweiz.