Fra#ntreitz. (Oktober 10.—November 14.) 515
10. Oktober. In einer Rede, die der Ministerpräsident Briand
in Périgueux über die soziale Frage hält, erklärt er, für die
Organisation der Arbeiter eintreten zu wollen, erklärt aber zu-
gleich, daß bei allen bedrohlichen Demonstrationen und Ruhe-
störungen der Arbeiter die Armee ihre Aufgabe erfüllen werde.
13. Oktober. Massenkundgebung vor der spanischen Botschaft
wegen der Hinrichtung Ferrers.
Gegen 10 Uhr abends sammeln sich etwa 3000 Sozialisten und
Antiklerikale auf dem Clichyplatz und marschieren nach der spanischen Bot-
schaft. Als die Polizei sie aufhielt, feuerte der spanische Anarchist Dela-
torre auf den Polizeipräfekten Lepine und tötete einen danebenstehenden
Schutzmann, während Lepine mit einer Brandwunde am Auge davonkam.
In dem nun folgenden Handgemenge wurden auf seiten der Polizei 8 und
von der Menge 100 Menschen verwundet. Es kam zu 300 Verhaftungen.
14. Oktober. In allen Teilen Frankreichs finden Kund-
gebungen wegen des an Ferrer begangenen spanischen „Justiz-
mordes“ statt.
23. Oktober. Die französische Presse knüpft an die Ent-
hüllungsfeier des Weißenburger Denkmals zur Erinnerung an die
in der Schlacht gefallenen Franzosen Bemerkungen über die „für
die Eroberer unterrichtende Lehre, daß das Elsaß nicht vergessen
will“ oder daß der Boden, in dem die Gefallenen ruhen, fran-
zösisch bleibe.
25. Oktober. Der Minister des Auswärtigen Pichon gibt
dem Zaren auf der Fahrt von Modane nach Chambery das Geleit
und hat mit Iswolski eine längere Besprechung.
27. Oktober. In Paris findet zwischen einem deutschen und
einem französischen Delegierten eine Vorberatung des marokkanischen
Bergwerksgesetzes statt.
1. November. In einem Bericht über die Kolonialarmee
fordert der Abgeordnete Ajam die Regierung auf, einen Gesetz-
entwurf über die Bildung einer Armee aus Eingeborenen vor-
zulegen, um insbesondere 100000 Schwarze aus Senegambien in
Algier zu stationieren und bei einem europäischen Krieg die Hälfte
derselben und alle jetzt in Nordafrika stehenden Truppen gegen den
Feind zu senden.
14. November. Der sensationelle Prozeß gegen Frau Stein-
heil, die sich wegen Ermordung ihres Gatten und ihrer Mutter
vor dem Pariser Schwurgericht zu verantworten hatte, endet mit
Freisprechung.
33