528 Italien. (Juli 20.—Oktober 7.)
nur, daß sie mit Rücksicht auf die allen Arbeitern vertragsmäßig zugesicherte
gleiche Behandlung nicht das Recht haben, gegen ausländische Arbeiter diese
Maßregeln ohne weiteres anzuwenden. Zum Schlusse erklärt der Minister,
die italienische Regierung fordere die Abschaffung dieser Steuer und die
Abschaffung dieser Bedingungen des Arbeitsvertrages. Sie werde die Ant-
wort der deutschen Regierung abwarten und ihre Verhandlungen mit der
erforderlichen Mäßigung und Bestimmtheit führen. Sollte die deutsche
Regierung sich durch die Einwände der italienischen nicht überzeugen lassen,
so werde diese die Entscheidung des Schiedsgerichts anrufen, dabei aller-
dings darauf aufmerksam machen, daß außer bei Zollstreitigkeiten das
Schiedsgericht nicht obligatorisch ist. Gleichwohl sei das Schiedsgericht
als bestes Mittel in Aussicht genommen, um diese Meinungsverschieden-
heiten zwischen den befreundeten Regierungen aus der Welt zu schaffen.
Dies könne, so schloß Tittoni, der Kammer beweisen, daß die Regierung
von der ganzen Wichtigkeit der Frage überzeugt sei. (Beifall.)
20. Juli. Die „Tribuna“ behandelt die zwischen dem schei-
denden Kanzler Fürsten Bülow und dem italienischen Minister des
Auswärtigen Tittoni ausgetauschten Briefe.
Das Blatt erinnert die Gegner des Dreibundes daran, daß ohne
diesen die Annäherung Italiens und Frankreichs sich nicht hätte vollziehen
können, und betont, daß Fürst Bülow stets der in Deutschland bei manchen
bestehenden Meinung entgegengetreten sei, daß Italien aus dem Bündnis
nur Nutzen ziehe, ohne einen Gegenwert zu geben. Fürst Bülow sei immer
zuerst Deutscher gewesen, habe aber doch nie gewollt, daß in dem Bündnis
an Stelle der Gleichberechtigung eine Art von Protektion trete.
20. August. Schiedsrichteramt des Königs.
Auf Grund einer am 2. März d. J. in Mexiko geschlossenen Ver-
einbarung haben die Regierungen Frankreichs und Mexikos an den König
von Italien die Bitte gerichtet, in dem zwischen Frankreich und Mexiko
schwebenden Streit bezüglich der Souveränität über die Insel Clipper-
ton als Schiedsrichter zu entscheiden. Durch den italienischen Minister des
Auswärtigen ist den beiden Parteien zur Kenntnis gebracht worden, daß
der König das ihm angetragene Schiedsrichteramt angenommen hat.
3. Oktober. Über die Stadt Adria im Po-Delta wird vom
Papste das „interdictum generale et locale“ auf vierzehn Tage
verhängt.
Die Bevölkerung ist gegen den Bischof Boggiani, als er die Bureaus
des Bistums von Adria nach Rovigo verlegen wollte, mit Steinwürfen
und Knütteln vorgegangen. Die Gleichgültigkeit gegen diese Strafe kommt in
einem Telegramm an den Papst zum Ausdruck, worin der Bürgermeister
und einige hundert Bürger um dauernde Wirkung des Interdiktes bitten.
7. Oktober. Würdigung des Dreibundes.
Die „Tribuna“ stellt in einem Artikel über das dreißigjährige
Bestehen des deutsch-österreichischen Bündnisses mit Genugtuung
fest, daß man in Berlin und Wien Italien als par inter pares im Drei-
bunde ansehe, und betont weiter, daß der Dreibund eine strategische Posi-
tion ersten Ranges zugunsten des Friedens sei und daß es seinem Bestehen
auch zu verdanken sei, wenn der Zweibund immer einen friedlichen Charakter
bewahrt habe. Dies sei ein Faktum, das nicht nur historische Bedeutung
habe, sondern auch für die Zukunft von Wichtigkeit sei.