Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1909. (50)

Aaliecu. (Oktober 13.—24.) 529 
13. Oktober. In Turin und Genua werden als Kundgebung 
gegen die Hinrichtung Ferrers Arbeitseinstellungen durchgeführt. 
Auch in Mailand, Bologna, Livorno und Rom finden Kund- 
gebungen zu Ehren Ferrers statt. 
19. Oktober. (Turin.) Der Anthropologe und Psychiater 
Cesare Lombroso f, 73 Jahre alt. 
24. Oktober. (Racconigi.) Besuch des Zaren. 
Im Schlosse zu Racconigi findet ein Galadiner zu Ehren des 
Zaren statt, bei dem auch die Bürgermeister von Rom, Turin und 
Racconigi sowie der Komponist Mascagni gegenwärtig sind. König Viktor 
Emanuel bringt folgenden Trinkspruch aus: „Mit Freude begrüße Ich 
Eure Majestät als Gast Italiens und als den Meinigen, denn der Besuch 
Eurer Majestät ist die Bekräftigung der aufrichtigen Freundschaft und der 
Uebereinstimmung der Ziele, die Unsere Häuser, Unsere Regierungen und 
Unsere Länder verbindet. Die Gemeinsamkeit der Interessen und die Ge- 
fühle der Sympathie, die durch die von den braven russischen Matrosen bei 
Unserem letzten großen Unglück bewiesene Aufopferung und Selbstverleug- 
nung eine neue Belebung erfuhren, haben dazu beigetragen, Rußland 
Italien immer näher zu bringen, das russische und das italienische Volk 
haben sich kennen und schätzen gelernt, und Unsere Regierungen haben dies 
zum Ausdruck gebracht bei der Tätigkeit, die sie mit den anderen Mächten 
zur Erhaltung des Friedens entfaltet haben. Ich habe das feste Vertrauen, 
mit Eurer Majestät zusammenwirken zu können, um Unseren Völkern diese 
Wohltat zu sichern. Eurer Majestät danke Ich aufrichtig für Ihren Be- 
such, indem Ich gleichzeitig Meinem Bedauern Ausdruck gebe, die hohe 
Frau, für deren Wohlergehen Ich Meine heißesten Wünsche ausspreche, 
nicht hier an Ihrer Seite zu sehen. Ich erhebe Mein Glas auf das Wohl 
Eurer Majestät, auf den Ruhm Ihrer Regierung, auf das Wohl der 
Kaiserinnen Maria Feodorowna und Alexandra Feodorowna sowie der 
ganzen Kaiserlichen Familie, auf die Größe und das Gedeihen Rußlands.“ 
Die Musik spielt hierauf die russische Hymne. 
Der Trinkspruch des Zaren wird in französischer Sprache ge- 
halten und lautet: „Die Herzlichkeit, mit der Eure Majestät Mir den 
Willkommensgruß soeben entboten haben, hat Mich tief gerüht. Wenn 
Ich in Ihr schönes Land komme, so verwirkliche Ich damit einen Wunsch, 
der Meinem Herzen teuer ist und den Ich seit langer Zeit gehegt habe. 
Mein einziges Bedauern ist, daß das Befinden der Kaiserin Ihr nicht ge- 
stattet hat, sich Mir anzuschließen, um diese Reise auszuführen und um mit 
Mir Eurer Majestät für den Besuch zu danken, den Sie Uns in Peterhof 
zu machen die Gewogenheit hatten, für den Besuch, an den Wir die an- 
genehmste Erinnerung bewahren. Der so sympathische Empfang, den Ich 
in Italien finde, entspricht der aufrichtigen Freundschaft und der Gemein- 
samkeit der Ansichten und Interessen, die Unsere Häuser, Unsere Regierungen 
und Unsere Länder verbinden. Die so lebhafte Teilnahme, die ganz Ruß- 
land an dem Unglück genommen hat, das Italien im letzten Jahre traf, 
und der Widerhall, den dieses Empfinden in Italien gefunden hat, sind 
beredte Zeugen für die immer wachsenden Sympathien zwischen Unseren 
beiden Völkern. Ich habe das feste Vertrauen, daß Unsere Regierungen 
zielbewußt vorgehen werden, um diese Sympathien zu pflegen, und daß 
sie durch beharrliches und vertrauensvolles Zusammenarbeiten nicht nur 
an der Annäherung zwischen Italien und Rußland, die so ganz den beider- 
Europäischer Geschichtskalender. I.. 34
	        
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