Eserten. (Februar 9.—September 15.) 605
kammer ein. Der Ministerpräsident erklärt, daß die Regierung die Teil-
nahme des gesetzgebenden Rats und der Provinzialräte an der Führung
der Geschäfte des Landes im Grundsatz billige, daß sie es aber vorziehe,
diese Teilnahme schrittweise zuzulassen. Hiermit ist die egyptische Ver-
fassungsfrage einstweilen zurückgestellt. Die nationalistische Presse ist hier-
von wenig befriedigt. Die Sitzungen des gesetzgebenden Rats sind fortan
öffentlich.
9. Februar. Der Khedive eröffnet die Nilsperre bei Esneh.
Der Minister der öffentlichen Arbeiten sagt in einer Ansprache an
den Khediven, die Sperre werde die Provinz Keneh vor jeder Gefahr der
Dürre bewahren und weite Landgebiete der Bewässerung erschließen. Der
Khedive dankt den englischen Beamten und den Unternehmern für das große
Werk zur Wohlfahrt Egyptens.
13. Februar. (Kairo.) Feier des Todestages von Mustafa
Kamel Pascha, des Führers der egyptischen Nationalistenpartei.
20. Februar. Nationalistische Gärung.
Der Khedive schließt nach Anhörung des Ministerrats die Azhar-
universität für zwei Monate. Hierüber herrscht in Eingeborenenkreisen
große Verbitterung. Die Nationalistenpartei sendet an den Khedive, den
Ministerpräsidenten und das türkische Parlament ein Telegramm, worin
sie auf die Bedeutung des Studentenausstands und der Universität als
größte islamische Anstalt hinweist. Die liberale Partei ruft in einem
Schreiben an den englischen Generalkonsul die Hilfe Englands gegen die
unwürdige Behandlung des egyptischen Volkes an.
26. April. Nationalistische Bewegung.
Der politische Redakteur des Nationalistenblattes Lewa, Scheich
Schauiche, wird vom Eingeborenengericht wegen Vergehen gegen das neue
Preßgesetz zu drei Monaten Gefängnis verurteilt. Er hat dem egyptischen
Ministerpräsidenten, dem Unterrichtsminister und den Richtern Parteilich-
keit in dem vor einigen Jahren gegen Eingeborene von Denchawi geführten
Prozeß vorgeworfen und wird daher wegen verleumderischer Beleidigung
unter Anklage gestellt. Das harte Urteil macht auf die Nationalisten tiefen
Eindruck. Wegen angeblicher Verherrlichung des in England hingerichteten
indischen Studenten Dingra erhält der Lewa vom Ministerium des Innern
eine Rüge.
13. September. (Genf.) Jung-Egypten.
In Genf wird ein von etwa 100 Egyptern besuchter „Kongreß der
Jungegypter“ abgehalten, der an das englische Unterhaus eine Depesche
richtet, in der England daran erinnert wird, was es für die Räumung
Egyptens versprochen habe. Außerdem wird eine Depesche an den Khe-
diven gerichtet, in der dieser ersucht wird, seinen Einfluß bei den Behörden
und der Bevölkerung Englands geltend zu machen, damit die Rechte der
Türkei und Egyptens berücksichtigt und die englischen Truppen zurückgezogen
würden. Der anwesende Arbeitervertreter Keir Hardie versichert, er
werde die Sache Egyptens vor der Volksvertretung verteidigen, das ir-
ländische Unterhausmitglied Kettle erinnert an die Verbrüderung Egyptens
und Irlands.
15. September. (Kairo.) Nationalistische Bewegung.
Zur 27. Wiederkehr des Tages der Besetzung Egyptens durch die
Engländer vereinigen sich die Nationalisten im Redaktionsgebäude des