608 Hulsarien. (März 27.—pril 29.)
27. März. (Orientalische Bahnen.) Der Finanzminister
Sallabaschew und der Minister des Aeußern Paprikow reisen nach
Wien und Petersburg, um für Bulgarien günstige Bedingungen
bei der Entschädigung der orientalischen Bahnen wegen der am
22. September 1908 beschlagnahmten ostrumelischen Strecke zu
erlangen.
3. April. In Konstantinopel beginnen die türkisch-bul-
garischen Verhandlungen über die Regelung des zukünftigen
Verhältnisses beider Länder und über die Entschädigung der
orientalischen Bahnen.
21. April. Der russische Gesandte teilt der bulgarischen
Regierung die Anerkennung der Unabhängigkeit Bulgariens durch
Rußland amtlich mit.
27. April. Die Vertreter des Dreibunds überreichen der
Regierung in Sofia gemeinsam die Anerkennungsnote der
Unabhängigkeit Bulgariens.
Dazu schreibt das Wiener „Fremdenblatt“ am selben Tage: „Der
Gesandte Oesterreich-Ungarns in Sofia hat den Auftrag erhalten, der bul-
garischen Regierung mitzuteilen, daß unsere Monarchie die Unabhängigkeit
Bulgariens anerkenne. Da auch Deutschland und Italien ihren Vertretern
in Sofia gleiche Weisungen haben zugehen lassen, tritt in der wichtigen
Frage der Anerkennung der Unabhängigkeit des Königreichs Bulgariens
eine einheitliche Stellungnahme der Dreibundmächte zutage, die nur durch
die Rücksichtnahme des römischen Kabinetts auf die Interessen seiner Bundes-
genossen ermöglicht wurde. Die Regierungen von Oesterreich-Ungarn und
Deutschland hatten ihre Zustimmung von der Befriedigung der Ansprüche
abhängig gemacht, die die Orientbahnen erhoben hatten. Die von uns
gestellte Bedingung ist erfüllt, denn das türkisch-bulgarische Ententeprotokoll
enthält nunmehr genügende Garantien für die Wahrung der von den
Orientbahnen erhobenen finanziellen Ansprüche.“ Das Blatt schließt: „Es
ist seinerzeit die irrige Annahme verbreitet gewesen, daß zwischen der An-
gliederung von Bosnien und der bulgarischen Unabhängigkeitserklärung
ein durch ein Kompromiß hergestellter Zusammenhang bestanden habe. Es
hat aber in der Tat keines derartigen Kompromisses bedurft, um uns die
wohlwollende Haltung einnehmen zu lassen, der wir nur konsequent bleiben,
wenn wir heute dem jungen Königreiche unsere besten Wünsche für sein
künftiges Gedeihen ausdrücken."“
29. April. Es werden die Glückwunschtelegramme
der Kaiser von Deutschland und von Oesterreich und die Ant-
worten darauf bekannt.
Das Telegramm des Deutschen Kaisers lautet: „In der Gewißheit,
daß Deine Regierung in loyaler Weise für die Sicherstellung der deutschen
materiellen Interessen an der Neuregelung der Orientbahnfrage einsteht,
habe Ich Meinen Vertreter beauftragt, Dir die Anerkennung Meiner Re-
gierung zur Unabhängigkeit Deines Landes auszusprechen. Es gereicht Mir
zur Freude, Dir gleichzeitig Meine persönlichen Glückwünsche auszudrücken