Balgarien. (Mai 1.— Juni 26.) 609
und Dich als König von Bulgarien begrüßen zu können. Der Königin
küsse Ich die Hand. Wilhelm I. R.“
Darauf antwortet König Ferdinand: „Für Deine so freundliche Be-
grüßung spreche Ich Dir Meinen und der Königin aufrichtigen Dank aus."“
Der Kaiser von Oesterreich telegraphierte am 25. April: „Ich be-
eile Mich, Eurer Majestät Meine wärmsten Glückwünsche zu dem erfreu-
lichen Uebereinkommen auszudrücken, vermöge dessen die neugeschaffene
politische Stellung Bulgariens vom ottomanischen Reiche anerkannt wurde.
Ich hege die aufrichtigsten Wünsche für das Wohl Eurer Majestät und für
die Zukunft Ihres Königreiches, dessen Entwickelung Ich stets mit so viel
Interesse und Sympathie verfolgt habe. Mögen die Freundschaftsbeziehungen,
die unsere Staaten verbinden, sich erhalten und in der neuen politischen
Periode, in die Bulgarien eingetreten ist, sich noch inniger gestalten."“
Das am genannten Tage an den Kaiser gelangte Antworttelegramm
des Königs Ferdinand lautet: „Die so huldvollen Worte, mit welchen Eure
Majestät Mich zu dem erfreulichen Abkommen, das die Unabhängigkeit
Meines Landes nunmehr bekräftigt, beglückwünschten, haben Mich aufs
tiefste gerührt. Es liegt Mir am Herzen, Eurer Majestät dafür Meinen
aufrichtigen Dank zu sagen, sowie für die von Sympathie für die Be-
strebungen und die Entwickelung Bulgariens eingegebenen Wünsche. Diese
Sympathien, die Eure Majestät heute Mir und Meinem Volke bezeigt
haben, werden die zwischen unsern Staaten bestehenden Bande gewiß noch
enger gestalten."
1. Mai. Die bulgarische Regierung teilt den fremden Ver-
tretungen mit, daß der Amtstitel des Königs „König der Bul-
garen“ lautet.
11. Mai. Die bulgarische Regierung richtet an die Groß-
mächte das schriftliche Ansuchen, mit Rücksicht auf die Unabhängig-
keit Bulgariens die bestehenden Kapitulationsrechte aufzuheben und
mit Bulgarien Konsularverträge abzuschließen.
6. Juni. Der makedonische Bandenchef Zapryanow
wird in Küstendil auf offener Straße durch drei Revolverschüsse er-
mordet.
26. Juni. In Sofia unterzeichnen der Minister Ljaptschew
und der Direktor der orientalischen Bahnen ein Abkommen.
Danach hat die bulgarische Regierung an die Bahngesellschaft außer
der von der Pforte an die Gesellschaft zu leistenden Entschädigung von
21 ½ Millionen noch den Betrag von 2100 000 Franken als Ersatz für
Inventar und Betriebseinnahmen zu zahlen und außerdem das gesamte
rollende Material an die Bahn zurückzugeben. Später werden die Ab-
kommen zwischen Rußland und der Türkei einerseits und Bulgarien und
der Türkei andererseits bekannt, auf die sich die Einigung Bulgariens mit
der Gesellschaft der Orientbahn stützt. Das russisch-türkische Abkommen lautet:
Da die Kaiserlich russische Regierung wünscht, bei der Ordnung der
Forderungen der Hohen Pforte an Bulgarien der Kaiserlich türkischen Re-
gierung einen Betrag von 125 Millionen Franken zu sichern, so ist folgendes
vereinbart worden:
1. Um der Hohen Pforte 125 Millionen Franken zu überlassen
verzichtet die russische Regierung zugunsten der Türkei vollkommen und
Europäischer Geschichtskalender I.. 39