Aebersit ũber die pelitishe Eutwichelnns des Jahres 1909. 701
aber auch noch der Einfluß der Bischöfe in den Hader der Partei-
führer hinein. Von den großen Reformen, die bei der Parlaments-
eröffnung (1. März) angekündigt wurden, ist deshalb noch keine
einzige durchgeführt worden; die Schulden des Staates mußten
durch eine innere Anleihe um ein Drittel vermehrt werden. Mit
der Reise des jungen Königs nach England verknüpften sich Ge-
rüchte über seine Verheiratung mit einer englischen Prinzeffin,
durch die der ohnehin schon starke Einfluß Großbritanniens auf das
wirtschaftliche und politische Leben des Königreiches noch befestigt
werden soll. Der Abschluß des deutsch-portugiesischen Handels-
vertrages hat in Deutschland wenig befriedigt.
Das seit Januar 1907 im Amt befindliche Ministerium
Maura in Spanien suchte die Stütze, die es an der konservativen
Partei im Parlament fand, durch ein Bündnis mit der Geistlich-
keit im Lande zu verstärken. Aber dadurch wurde der Unwillen
der Liberalen, Demokraten und Republikaner erregt, die sich zu
einer Koalition vereinigten. Einen bequemen Angriffspunkt fand
die Oppofition in den Kontrakten, die einer englischen Firma und
ihrer spanischen Agentur trotz technischer Bedenken und über-
triebener Preisforderungen den Aufbau der spanischen Flotte über-
tragen hatten. Da aber die Majorität der Cortes die Unter-
suchung der Enthüllungen von sich wies, so trat die Regierung
den Kundgebungen des Unwillens in der Oeffentlichkeit mit ener-
gischen Gegenmaßregeln entgegen. Auch ein auffallend günstiger
Anschlag des Staatshaushalts stärkte ihre parlamentarische Stel-
lung. Aber die städtischen Wahlen, die nach einem neuen Ver-
fahren mit Wahlzwang am 2. Mai im ganzen Lande gleichzeitig
stattfanden, brachten den Liberalen, Republikanern und Demokraten
ein großes Uebergewicht.
Da entschloß sich das Ministerium, von den Prefidios an
der Nordküste Marokkos aus die Autorität Spaniens über die Rif-
kabylen auszudehnen, während die von Mulay Hafid abgesandte
Sondergesandtschaft zur Beilegung einer in Fes entstandenen Span-
nung in Spanien weilte, also, wie man es ausdrückte, zwischen
Marokko und Melilla zu unterscheiden. Ein Ueberfall auf einige
spanische Arbeiter beim Eisenbahnbau durch Kabylen bot die