Mebersicht über die pelitisce Eutwichelnns des Jahres 1909. 711
pathiekundgebungen des Zaren für die Politiker der äußersten Rechten
und in Verwaltungsmaßregeln hinter dem Rücken Stolypins offen-
bart sich die Stärke dieser Einflüsse. Die Skandalprozesse enthüllen
das Unwesen der politischen Polizeiagenten, die schamlosen Unter-
schleise der Verwaltungsbeamten und die Gewissenlosigkeit der Führer
des Verbandes echt russischer Männer. Unter der Russifizierung
hat besonders Finnland zu leiden, das sich mannhaft gegen die
Entrechtung wehrt. Andererseits leistet die Duma unter Führung
der Oktobristen fruchtbare und besonnene Arbeit; in dem Leiter
dieser Partei Gutschkow hat Stolypin eine brauchbare Stütze. Das
Beste, was Rußland leistet, liegt aber auf dem Gebiete der inneren
Kolonisation im Zusammenhang mit den Eisenbahnumbauten und
Neubauten in Sibirien und am Amur. Mit der Verpflanzung
von Arbeitern und Ansiedlern nach Asien erleichtert sich auch die
Lösung der Agrarfrage durch Loslösung der Bauern aus den Mir-
verbänden. Eine ganz vorzügliche Ernte nach vielen schlechten
Jahren kam der wirtschaftlichen Kräftigung des Landes zu Hilfe.
Durch kaiserlichen Ukas wird mit dem Bau von vier Linienschiffen
trotz der Ablehnung der Forderungen durch die Duma begonnen.
Der Heeresorganisation gibt die Duma ihre Zustimmung. Die
Steigerung der Kurse russischer Werte an den europäischen Börsen
beweist die Kreditfähigkeit Rußlands trotz seiner starken Verschul-
dung an das Ausland.
In der Türkei entwickelte sich der Gegensatz zwischen dem
jungtürkischen Komitee, das sich im Bewußtsein der Sympathien
der meisten tüchtigen Offiziere Einmischungen in die Verwaltung
des Heeres und der Flotie erlaubte, und dem sein Ansehen wah-
renden Großwefir Kiamil Pascha zu einem Kampfe um das lleber-
gewicht, der in der Kammer am 13. und 14. Februar ausgefochten
wird und mit der Niederlage des Großwesirs endet. Gegen seinen
neuen jungtürkischen Großwesir Hüssein Hilmi Pascha organisierte
der Sultan im geheimen eine Militärrevolte mit Hilfe des moham-
medanischen Komitees (13. April). Aber die jungtürkischen Offi-
ziere setzen die Truppen aus Saloniki und Adrianopel gegen Kon-
stantinopel in Marsch. Ihr Einmarsch in Konstantinopel (24. April)
und die Hilfe der Flotte entscheiden den Sieg der Jungtürken. Am