V Nesche Reich und seine eintelnen Glieder. (Februar 12.) 63
Klassen jetzt 4, 6, 8 und 10 Prozent und sollen auf 6, 8, 10 und 12
Prozent erhöht werden. Die Anträge der Freisinnigen werden auch in
einer inzwischen in den letzten Stufen gemilderten Fassung vom bayrischen
Finanzminister für unannehmbar erklärt. Nunmehr machen die National-
liberalen den Vorschlag, die Entscheidung über diesen Paragraphen aus-
usetzen, finden aber nur bei den Freisinnigen Unterstützung. Diese ziehen
ihre Anträge zugunsten des der Nationalliberalen zurück und halten nur
die einprozentige Ehegatten- und Deszendentensteuer aufrecht, der der Schatz-
sekretär Sydow im Grundsatz zustimmt.
Die Abstimmung ergibt die Ablehnung sämtlicher Anträge, so daß
der § 10 des geltenden Gesetzes mit seinen bisherigen Sätzen und unter
Ausschluß der Besteuerung der Ehegatten und Deszendenten aufrechterhalten
wird. Nach §8 11 des geltenden Erbschaftssteuergesetzes und auch nach der
Novelle sind die Erbteile bis zu 500 Mark steuerfrei. Ein Antrag der
Sozialdemokraten, die steuerfreie Grenze auf 2000 Mark zu erhöhen und
bei Legaten an Angestellte auf 3000 Mark, wird abgelehnt. Die Novelle
will mehrere im alten Gesetz vorgesehene Befreiungen wegfallen lassen,
Dagegen wendet sich das Zentrum unter Angriffen auf die Regierung,
die ihre Meinung gründlich revidiert habe. Die Vorschläge der Regierung
werden abgelehnt, auch § 11 bleibt in der bisherigen Fassung bestehen.
§ 12 enthält die Vergünstigungen für die Tote Hand, für Familien-
kassen usw. Die Sozialdemokraten beantragen Streichung des ganzen
Paragraphen, im Falle der Ablehnung dieses Antrags die Erhöhung des
eltenden Steuersatzes von 5 auf 10 Prozent. Die Freisinnigen wollen
insbesondere die Tote Hand von der Vergünstigung ausschließen, also die
betreffende Bestimmung streichen und ebenso in den weitern Bestimmungen
des Paragraphen das Wort „kirchlich“ beseitigen. Ein anderer freisinniger
Antrag will die Zuwendung von Banken und andern Firmen an ihre
Hauskassen (Versicherungskassen) ausschließen.
Die Abstimmung bei § 12 ergibt gleichfalls die Ablehnung sämt-
licher Anträge. Es verbleibt bei den Bestimmungen des jetzigen Erbschafts-
steuergesetzes mit dem fünfprozentigen Steuersatz. Abgelehnt werden auch
die Aenderungen, die die Novelle bei § 16 vorschlägt über die Ermittlung
des Wertes der Masse. Auch hier verbleibt es bei den geltenden Be-
stimmungen. — Zunächst wird die Unterkommission beauftragt, Vorschläge
auszuarbeiten. (S. 25. Febr.)
12. Februar. (Reichstag.) Der Etat für Deutsch-Südwest-
afrika.
In der Budgetkommission beginnt die Beratung des Etats für Südwest-
afrika. Mit dem Staatssekretär ist auch der Gouverneur v. Schuckmann
anwesend. Die wirtschaftliche Lage des Schutzgebiets hat sich im Vergleich
zum Vorjahre sehr erheblich gebessert, und daher konnten auch die eigenen
Einnahmen wesentlich höher angesetzt werden, zum Beispiel die Steuern
auf 632000 Mark gegen 127000 Mark im Jahre 1908; auch die Zölle
haben gegen das Vorjahr mit 1,9 Millionen eine Steigerung erfahren.
Die Eisenbahneinnahmen sind auf 2,2 Millionen gestiegen gegen 10,7
Millionen. Von verschiedenen Seiten wird gewünscht, die Wege= und
Wagensteuer sowie die Wertzuwachssteuer den Gemeinden zu überlassen,
während andere einen Teil dieser letztern Steuer für das Reich in An-
spruch nehmen wollen. Weiter wird die Notwendigkeit eines ordentlichen
Enteignungsgesetzes betont. Die Landkommission hat sich nach den Er-
klärungen des Staatssekretärs außerordentlich bewährt. Die wirtschaftliche
Vereinigung regt die Monopolisierung des Verkehrs mit Spirituosen an.