Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Sechsundzwanzigster Jahrgang. 1910. (51)

Das Venische Reich und seine einzelnen Glieder. (Jannar 11.) 7 
5. Togo. Für die Eingeborenen ist eine Einkommenklassensteuer 
eingeführt worden, doch können vorerst nur die durch eine Bahn er- 
schlossenen Gebiete zu Geldsteuern herangezogen werden. Der Wunsch nach 
Schulbildung ist unter den Eingeborenen so stark, daß manche ihre Kinder 
auf die benachbarten englischen Mittelschulen geschickt haben. Da ergibt 
sich die Notwendigkeit, dem Wissensdrang durch Gründung einer Fort- 
bildungsschule, für welche Mittel im Etat angefordert sind, entgegen- 
zukommen. Auch die Missionen haben diesem Bedürfnis durch eine analoge 
Einrichtung Rechnung getragen. Die gesamten Verkehrsanlangen (Landungs- 
brücke, Küstenbahn, Inlandbahn) weisen eine Einnahmesteigerung von 
16,19 Prozent gegenüber dem Vorjahre auf. Mit der deutschen Kolonial- 
Eisenbahnbau= und Betriebsgesellschaft wurde vom Reichskolonialamt ein 
vorläufiges Abkommen über die Ausführung der Vorarbeiten für die rund 
175 Kilometer lange Srecke Lome-Atakoame einschließlich Aufstellung eines 
Kostenanschlages und Bau der rund 75 Kilometer langen Strecke Lome 
getroffen. Für den Schutz der eingeborenen Arbeiter wurde ein Arbeits- 
kommissar bestellt, über dessen Tätigkeit Günstiges berichtet wird. 
11. Januar. Der Kaiser eröffnet den preußischen Landtag. 
„Erlauchte, edle und geehrte Herren von beiden Häusern des Land- 
tages! Die Staatsfinanzen, welche durch die Ungunst der wirtschaftlichen 
Verhältnisse in Mitleidenschaft gezogen waren, beginnen sich infolge der 
allmählichen Wiederbelebung von Handel und Verkehr langsam zu bessern, 
so daß sich voraussichlich auch der für das laufende Etatsjahr veranschlagte 
Fehlbetrag nicht unerheblich ermäßigen wird. — Immerhin kann von den 
staatlichen Betriebsverwaltungen, insbesondere der Eisenbahnverwaltung, 
bei ihren stark gestiegenen Selbstkosten auch für das Jahr 1910 kein so 
hoher Zuschuß zu den allgemeinen Staatsausgaben wie in den früheren 
Jahren erwartet werden. Dazu kommt, daß von den rund 200 Millionen 
Mark, durch welche die Besoldungsaufbesserungen die Staatskasse dauernd 
belastet haben, nur der kleinere Teil in neuen Steuern Deckung gefunden 
hat. Trotz größter Beschränkung wird daher auch der Etatsentwurf für 
das kommende Jahr mit einem zwar gegen die Vorjahre verringerten, aber 
doch namhaften Fehlbetrag abschließen. Diese Sachlage macht auch weiter- 
hin die möglichste Zurückhaltung in allen staatlichen Aufwendungen zur 
Pflicht, um die Einnahmen und Ausgaben nach und nach wieder aus- 
zugleichen. — Dem vom Hause der Abgeordneten kundgegebenen Wunsche 
entsprechend, ist in dem Entwurfe des Etats versucht worden, zur Herbei- 
führung größerer Gleichmäßigkeit im gesamten Staatshaushalt einer über- 
mäßigen Inanspruchnahme der schwankenden Eisenbahnerträge für andere 
staatliche Zwecke angemessene Schranken zu setzen. — Zur Erweiterung und 
besseren Ausrüstung des Staatseisenbahnnetzes sowie zur Unterstützung von 
Kleinbahnen werden wiederum erhebliche Mittel angefordert werden. — 
Die Fürsorge für die schulentlassene Jugend erheischt eine weitere Aus- 
breitung und Entwicklung des Fortbildungsschulwesens auch auf dem platten 
Lande. Gestützt auf die günstigen Wirkungen des im Jahre 1901 für die 
Provinz Hessen-Nassau erlassenen Gesetzes wird Meine Regierung Gesetze 
vorschlagen, die auch in den Provinzen Pommern, Schlesien und Westfalen 
den Kommunalbehörden das Recht verleihen sollen, die Pflicht zum Besuche 
ländlicher Fortbildungsschulen einzuführen. — Den Bestrebungen zur Förde- 
rung der inneren Kolonisation, namentlich auch zur Seßhaftmachung von 
Arbeitern wird fortgesetzt die größte Aufmerksamkeit zugewendet. — Ein 
Gesetzentwurf, der die Mittel zur Gewährung von Zwischenkredit bei Renten- 
gutsgründungen erhöht, wird Ihnen demnächst zugehen. — Das älteste
	        
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