Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Sechsundzwanzigster Jahrgang. 1910. (51)

Das Vesche Reich und seine rintelnen Glieder. (Februar 23.) 147 
vertrag geschlossen werden. Inzwischen ist in Schweden ein neuer Zoll- 
tarif vorgelegt, von dem man nicht übersehen kann, wann er verabschiedet 
wird. Infolge dessen haben die Regierungen sich bahin geeinigt, zunächst 
den bestehenden Vertrag bis zum 1. Dezember 1911 weiterlaufen zu lassen. 
Der schwedische Tarifentwurf ist inzwischen im Reichsamt des Innern 
übersetzt und den beteiligten Kreisen zugänglich gemacht Wir erhalten 
täglich Zuschriften dazu, und ich hoffe, die Oeffentlichkeit so rechtzeitig damit 
befassen zu können, daß keine Beschwerden laut werden. Außer Schweden 
wird uns in allernächster Zeit unser handelspolitisches Verhältnis mit 
Japan beschäftigen. Unser Handelsvertrag mit Japan, der von 1896 
datiert, ist 1899 in Kraft getreten. Wenn, wie anzunehmen ist, die 
japanische Regierung zur Kündigung des Vertrags kommen sollte, werden 
wir mit Japan in Handelsvertragsverhandlungen einzutreten haben. Die 
Regierung hat bereits einen neuen Zolltarif vorgelegt, der uns in urkund- 
licher Uebersetzung zugänglich gemacht ist. Ich hoffe, daß wir schon, bevor 
der Tarif in Japan zur Verabschiedung gelangt, einen Teil des für die 
Handelsvertragsverhandlungen notwendigen Materials zusammen haben. 
Es ist wiederholt auf den neuen französischen Zolltarif hingewiesen. Ich 
muß mich, wie schon kürzlich bei anderer Gelegenheit, auf die Mitteilung 
beschränken, daß wir die französische Regierung in freundschaftlicher Weise 
darauf hingewiesen haden, daß die Verabschiedung des Tarifs, so wie er 
vorliegt, unser beiderseitig's handelepolitisches Verhältnis zu gefährden 
geeignet sein würde. Wir haben dabei auf die besonders in Betracht 
kommenden Positionen hingewiesen. Die französische Regierung hat diese 
Vorstellung ihrerseits freundlich aufgenommen, und ich möchte mich vor- 
läufig der Hoffnung hingeben, daß wir mit Frankreich auch weiter in guten 
handelspolitischen Beziehungen leben und nicht genötigt sein werden, die 
Frage der Repressalien zu erwägen. Die Frage des Abkommens mit 
Kanada hat ja zum Teil schon durch die Presse ihre Beantwortung ge- 
funden. Wir haben zurzeit in Kanada vier Tarife. Es besteht zunächst 
ein allgemeiner Generaltarif; das Mutterland und einige Kolonien genießen 
einen Vorzugstarif von 33½ Prozent des Werts der Waren unter dem 
Generaltarif; zwischen beiden liegt neuerdings ein sogenannter Mitteltarif, 
dazu bestimmt, die Grundlage von Handelsvertragsverhandlungen zu bieten. 
Auf Grund desselben ist ein Handelsvertrag mit Frankreich zustande ge- 
kommen, durch welchen Frankreich für 80 Positionen des kanadischen Tarifs 
die Sätze des Mitteltarifs und für 12 etwas darüber hinausgehende er- 
mäßigte Sätze erlangt hat. Dieser französisch-kanadische Tarif ist am 
1. Februar 1910 in Kraft getreten und für uns insofern von Bedeutung, 
als die Vorteile desselben auf dem Wege der Meistbegünstigung auch 
Oesterreich, der Schweiz und Japan zugewendet worden sind. Ueber den 
Generaltarif hinaus ging nun ein besonderer Tarif für Deutschland; 
namentlich seit 1898 wird uns gegenüber ein Zuschlag von 33 ½ Prozent 
des Zollwerts zu dem Generaltarif erhoben, eine Maßnahme, zu welcher 
sich Kanada damals entschloß, weil wir die präferenzielle Behandlung des 
Mutterlandes nicht hinnehmen wollten und unsererseits den Generaltarif 
gegen Kanada in Kraft setzten Der Wunsch unserer Industrie, die unter 
den bestehenden Verhälinissen schwer gelitten bat, geht seit Jahren auf eine 
zollpolitische Vernändigung mit Kanada Wir haben gehofft, zu einem 
Meistbegünstigungs- oder Reziprozitätsvertrag zu gelangen, haben das aber 
bis jetzt nicht erreicht, haben uns aber für verpflichtet gehalten, mindestens 
dafür zu sorgen, daß die Surtaxe von 33½18 Prozent in Wegfall kommt 
und damit friedlichere Vorauesetzungen für Verhandlungen über einen voll- 
ständigen Handelsvertrag geschaffen werden. Das Abkommen beseitigt diese 
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