Das Penisqhe Reiqh und seine einzelnen Glieder. (Februar 27.—März 1.) 151
des Innern Dr. Braun, dessen Amt dem Provinzialdirektor der
Provinz Rheinhessen von Hombergk zu Vach übertragen wird.
27. Februar. (Berlin.) Wahlrechtsdemonstration vor dem
kaiserlichen Schlosse.
Nach einer Kundgebung des freiheitlichen Bürgertums gegen die Wahl-
rechtsvorlage kam es nach der Rückkehr vom Zirkus Busch und dem Feenpalast
zu einer Massenansammlung unter den Fenstern des kaiserlichen Schlosses.
Außer Hochrufen auf das allgemeine, gleiche Wahlrecht hörte man von Zeit
zu Zeit auch: Nieder mit Bethmann! Nieder mit dem Junkerparlament!
27. Februar. (Elsaß-Lothringen.) Gräfin Wedel und
Abbé Wetterlé.
Der „Schwäbische Merkur“ macht bekannt: „Am Tag seiner Ent-
lassung aus dem Gefängnis (16. Februar) erhielt Wetterlé noch im Ge-
fängnis einen, natürlich französisch geschriebenen, Brief von der Gräfin Wedel,
Gemahlin des kalserlichen Statthalters, in dem die Gräfin ihrem Bedauern
darüber Ausdruck gibt, daß Wetterlé verhindert gewesen sei, an ihren Ball-
festen teilzunehmen. Sie sende ihm deshalb nachträglich die Geschenke zu,
welche bei den Festen an die Gäste verleill worden seien. Diesen Brief hat
Wetterlé noch vom Gefängnis aus beantwortet und hat ihn mehreren Per-
sonen triumphierend gezeigt.“ (Weiterlé war wegen Beleidigung zu zwei
Monaten Gefängnis verurteilt worden. Siehe 13. Oktober 19091)
28. Februar. (Hamburg.) Bei der Notabelnwahl verliert
die Rechte 8 von den von ihr zu verteidigenden 20 Sitzen.
28. Februar. Die Pariser Akademie der Wissenschaften lehnt
die Einladung der Berliner Universität zu ihrer Jahrhundertfeier ab.
1. März. (Reichstag.) Wahl des Präsidenten.
Durch Akklamation wird auf Antrag des Abg. Frhr. v. Hertling (3Z.)
der Graf Schwerin-Löwitz gewählt. Er ist Mitglied der deutschkonser-
vativen Fraktion und vertritt seit 1893 den Wahlkreis Anklam--Demmin.
1. März. (Reichstag.) Zweite Lesung des Etats des Reichs-
amts des Innern. Bauernbund und Bund der Landwirte.
Abg. Böhme (b. k. Fr.) dankt für die Anerkennung, die dem Bauern-
bund zuteil geworden ist. Diese Anerkennung kann uns nicht hindern, an der
Schutzzollpolitik im Sinne des Zolltarifs von 1902 festzuhalten. Wir können
den Getreidebau nicht enibehren. Gegen hohe Futterzölle ist gewiß nichts
einzuwenden, auch vom bäuerlichen Standpunkt, nur darf es sich nicht um
Mindestzölle handeln, wie sie der Bund der Landwirte in Höhe von
Mark 7.50 vorschlug. Der Zoll muß ein Kompensationsobjekt sein. Gegen
den jetzigen Zoll von Mark 1.30 auf Futtergerste kann nichts eingewendet
werden. Dagegen kann der Zoll auf Braugerste im Interesse der Produzenten
durchaus befürwortet werden. Unsere landwirtschaftliche Produktion hat sich
unter dem Schutze des Zolliariss auf allen Gebieten beträchtlich gehoben und
wird sich weiter heben. Die Steuerreform, namentlich die Erbanfallsteuer, kann
die größte Konfusion im Lande hervorrufen. Es ist nicht zu sagen, was für
Vorstellungen sich unter der bäuerlichen Bevölkerung über die Erbanfallsteuer
gebildet haben. Diesen Angriffen gegenüber sind wir in der Abwehr.
Wir hetzen nicht, hetzen tut Frhr. v. Wangenheim in der Breslauer Ver-
sammlung. Indirekte Steuern müssen sein, aber sie können nicht ins maß-