Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Sechsundzwanzigster Jahrgang. 1910. (51)

158 Das Denisqhe Reiq und seine einjelnen Glieder. (Marz 5.) 
müßte, und nach längeren Verhandlungen ist es 1905 zu einer Einigung 
gekommen. Krupp hat einen wesentlichen Nachlaß gewährt, und wir haben 
zugestanden, daß drei Jahre vorbehaltlos nur bei ihm bestellt wird. Es 
war gar kein Wunder, daß wir Krupp diese Garantie auf drei Jahre ge- 
geben haben. Wenn wir nach Ablauf dieser Zeit keinen Konkurrenten 
gefunden hatten, der die Panzerplatten besser lieferte, dann standen wir 
1907 vor der Frage: Wie können wir Krupp zu einer weiteren Herab- 
setzung der Preise veranlassen? Denn nach Verabschiedung der Flotten- 
novelle von 1908 mußte für eine Reihe von Jahren ein stärkerer Bezug 
von Panzerplatten stattfinden. Krupp antwortete auf unsern erneuten 
Versuch, wenn er prompt liefern sollte, müßte er seine Werft entsprechend 
vergrößern und könnte nicht noch einen weiteren Preisnachlaß einräumen. 
Das war eine gewisse Zwangslage, die noch vergrößert wurde dadurch, 
daß Krupp nach dem Vertrage von 1907 die höheren Preise für 1908, 
1909 und 1910 bereits in der Hand hatte. Ehe ich weiter mit Krupp in 
Verhandlung trat, habe ich mich nicht gescheut, an die amerikanische Firma 
Midvale mich zu wenden, die damals der amerikanischen Regierung einen 
billigeren Preis anbot, und zwar deshalb, um in das Panzerplattengeschäft 
überhaupt hineinzukommen. Der Preis ist nachher in Amerika, als die 
Firma im Geschäft war, erhöht worden. Die Antwort der Firma lautete dahin, 
daß sie gegenüber der ihr wohlbekannten schnellen Bauweise auf deutschen 
Werften in Verzug geraten würde. Wir haben uns dann noch weiter 
mündlich an inländische Firmen gewendet und schriftlich an die Firma 
Thyssen. Herr Thyssen schrieb mir 1907, die von ihm geäußerte Hoffnung, 
die Einrichtungen, die zur Herstellung von Panzerplatten erforderlich wären, 
beschaffen zu können, habe sich leider nicht verwirklichen lassen. Ich habe 
mich auf diese Weise überzeugt, daß eine Konkurrenz ausgeschlossen ist. 
Mit dieser harten Tatsache muß doch der Staatssekretär des Reichsmarine- 
amts, der in Geldsachen auch keine Gemütlichkeit versteht, rechnen. Wenn 
ich an Krupp herantrat und verlangte: „Du mußt erstens deine Werke 
vergrößern und zweitens für die nächsten drei fetten Jahre, für die du 
kontraktmäßig einen höheren Preis bereits zugestanden erhalten hast, her- 
unterlassen“, so muß ich doch einem Geschäftemann gegenüber ein Nequi- 
valent geben, und dieses bestand darin, daß ich diesmal die Kautelen für 
eine Verlängerung des Vertrages etwas milder gesaßt habe. Wir haben 
gesagt, daß wir 1912 dann von dem Vertrag frei sein sollten, wenn wir 
bessere Platten bekommen könnten, und 1913 dann, wenn wir billigere 
Platten bekämen. Durch diesen Vertrag haben wir für die Jahre 1908, 
1909 und 1910 bare 12 Millionen dem Reiche erspart, und zwar von einer 
Summe, welche Krupp kontraktmäßig in der Hand hatte. Ich glaube, 
dieses Geschäft war die Kautelen wert, die ich zubilligen mußte. Wir sind 
in der ganzen Angelegenheit praktisch verfahren. Durch die ganze Ver- 
tragepolitik Krupp gegenüber haben wir seit 1902 einschließlich des vor- 
liregenden Etats im ganzen 58 Millionen dem Reich erspart. Wir können 
die Anerkennung beanspruchen, daß wir rationell und praktisch verfahren 
haben, daß das Reichsmarineamt alles getan hat, um eine Konkurrenz 
gegen Krupp-Dillingen zu erreichen, und schließlich das Anerkenninis, daß 
wir tatsächlich die besten und billigsten Platten haben. Diese letztere Tat- 
sache muß ich in den Vordergrund stellen. Es hat kein Staat ähnlich gute 
Platten, kein Staat so billige Platten wie wir. Ich habe die Preise nach 
den besten öffentlichen Quellen, die mir zur Verfügung stehen, zusammen- 
gestelll. Danach zahlt Frankreich pro Tonne 2300) Mark, Oesterreich 
1950 Mark, Iltalien 1950 Mark. Amerika 1750 Mark, England 1950 Mark, 
Rußland 25000 Mark, wir bezahlen ganz erheblich weniger, in der 
 
	        
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